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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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Nachruf auf Ernst Gustav Jung

Urs W Schnyder nach Heidelberg, wo er leitender Oberarzt und stellvertretender
Klinikdirektor an der Universitäts-Hautklinik wurde. Es folgten wissenschaftlich
und klinisch erfolgreiche Jahre in teils bewegten Zeiten der Studentenproteste.
Nach der Habilitation im Jahr 1968 und der Ernennung zum Apl. Professor im
Jahr 1973 folgte er zwei Jahre später dem Ruf auf den Lehrstuhl für Dermatologie
und Venerologie an der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität
Heidelberg. Dort wirkte er erfolgreich als Ordinarius und Direktor der Hautklinik
des Universitätsklinikums Mannheim für 25 Jahre bis zu seiner Emeritierung im
Jahr 2000.
Zu seinen Schwerpunkten in der Forschung zählten die Biologie und Pa-
thologie der Lichtwirkung auf die Haut. Ernst G. Jung kombinierte klinische,
morphologische und molekulare Methoden, um durch UV-Licht verursachte
Hautschäden und deren Mechanismen zu verstehen, z. B. bei Photoallergien oder
Photokarzinogenese. Die aus der Forschung gewonnenen neuen Kenntnisse tru-
gen wesentlich zur Prävention der Schäden durch Lichtschutz bei und verbesserten
das Verständnis der Entstehung unterschiedlicher UV-induzierter Hauttumoren.
Aus den biologischen Forschungsergebnissen konnten aber auch therapeutische
Aspekte des UV-Lichts hergeleitet werden, wie die Entwicklung und Optimierung
verschiedener Formen der Phototherapie, die für die Behandlung entzündlicher
Erkrankungen der Haut eingesetzt werden.
Ernst G. Jung kombinierte produktiv seine Kenntnisse über seltene geneti-
sche Erkrankungen der Haut, die Genodermatosen, mit der photobiologischen
Forschung. Als „Experimente der Natur" können seltene Erbkrankheiten als
Modelle für die Forschung dienen und entscheidende neue Kenntnisse liefern,
weil die phänotypischen Folgen einer einzelnen pathogenen genetischen Variante
(Mutation) makroskopisch, mikroskopisch und auf molekularer Ebene sichtbar
werden. Ernst G. Jung fokussierte sich auf eine solche Erkrankung, das Xeroder-
ma pigmentosum. Diese Genodermatose wird durch geschwächte oder fehlende
Reparatur der UV-Schäden verursacht; klinische Manifestationen sind Lichtemp-
findlichkeit und stark erhöhtes, frühzeitiges Auftreten von Hauttumoren. Er hat
eine neue Variante dieser Erkrankung entdeckt, die Pathogenese erforscht sowie
diagnostische Methoden eingeführt, sodass betroffene Personen und Familien
möglichst früh eine genaue Diagnose erhielten und damit Zugang zur kompe-
tenten Beratung und zum optimalen Lichtschutz hatten, was bei dieser aggres-
siven prämalignen Erkrankung lebenswichtig ist. Für seine Forschungsarbeiten
zu Xeroderma pigmentosum wurde ihm der Gottron-Just Wissenschaftspreis der
Universität Ulm und der Stadt Ulm verliehen. Der langjährige und produktive kli-
nisch-wissenschaftliche Schwerpunkt der Mannheimer Hautklinik, Photobiologie
und Photokarzinogenese, führte im Jahr 1997 zu der Etablierung einer „Dermato-
onkologischen Kooperationseinheit" mit dem DKFZ, eine Wissenschaftsstruktur,
die noch heute erfolgreich weitergeführt wird.

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