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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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B. Die Mitglieder

20 Jahre verfolgt. Zu nennen ist weiter die Anthologie zur „Deutschen Lyrik des
späten Mittelalters" (2006) mit sprachlich brillanten Übersetzungen und versier-
ten Kommentaren. Darüber hinaus ist zu verweisen auf sechzehn Bände „Fortuna
vitrea" (1991-1999), gemeinsam mit Walter Haug herausgegeben; vierzehn Bände
„Verfasserlexikon", bei dem er seit 1978 als Herausgeber der zweiten Auflage mit-
wirkte, ab Bd. 9 die Federführung übernahm und das 2008 unter seiner Leitung
abgeschlossen wurde; sechzehn Bände „Repertorium der Sangsprüche und Meis-
terlieder" (1986-2009), verantwortet mit Horst Brunner und Frieder Schanze. Es
ist eine wissenschaftliche Leistung ersten Ranges in Hinblick auf die Fülle, aber
auch und vor allem in Hinblick auf die geleistete Grundlagenarbeit für das Fach
im Sinn literaturwissenschaftlicher Referenzwerke oder der Erschließung neuer
Forschungsfelder.
Von besonderer Bedeutung war dabei, wie Burghart Wachinger selbst immer
wieder betonte, die Zusammenarbeit mit Walter Haug, der in Temperament und
Forschungsaufgaben durchaus anders ausgerichtet war. Doch trotz oder vielleicht
gerade wegen der Verschiedenheit wurde das gemeinsame Wirken beider für die
Tübinger Altgermanistik zum Glücksfall, machte Tübingen zu einem national und
international weithin sichtbaren Zentrum der Mediävistik. Diese wissenschaftlich
wie menschlich bemerkenswerte Zusammenarbeit, beispielgebend in jeder Hin-
sicht, findet in der gemeinsamen Festschrift von 1992 ebenso ihren Ausdruck wie
im 1987 verliehenen Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der an
beide Forscher zusammen vergeben wurde.
Doch bei allem Erfolg blieb Burghart Wachinger immer bodenständig, beschei-
den, nicht auf große Worte oder Gesten bedacht. Zugleich beharrlich: Philologische
Kennerschaft, Wertschätzung des Details und Sachlichkeit in der Analyse, das ver-
trat er selbst, das forderte er ein, auch in der Lehre, insbesondere aber bei seinen
Doktorandinnen und Doktoranden, die er mit großer Sorgfalt begleitete. Dabei war
ihm auch hier - in der Lehre und Betreuung - kaum ein Einsatz zu viel: Kompakt-
seminare in Jugendherbergen, Handschriftenexkursionen zu Bibliotheken mit an-
schließenden Wandertouren: All dies gehörte dazu. Was ihn in Forschung und Lehre
so besonders auszeichnete, nämlich die Haltung des Respekts gegenüber den Ge-
sprächspartnern wie der Sache, trug er schließlich auch in die Gremien der Tübinger
Universität hinein, durch die er das Profil der Fakultät als Kollege und mehrfacher
Dekan des Fachbereichs Neuphilologie aktiv mitgestaltete.
So hinterlässt Burghart Wachinger ein Erbe, das ein ebenso umfangreiches
wie vielschichtiges wissenschaftliches Lebenswerk umfasst, ein Lebenswerk, das
Maßstäbe setzt. Er wird uns in Erinnerung bleiben als herausragender Forscher
der Mediävistik, als weithin geschätzter Lehrer und Kollege, als Mentor und
Freund.
Annette Gerok-Reiter

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