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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Lutter, Christina: Geistliche Gemeinschaften in der Welt: Kommentar zur Sektion Individuum und Gemeinschaft – Innen und Außen
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0160
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Geistliche Gemeinschaften in der Welt | 159
dem 13. Jahrhundert deutlich besser sichtbar macht, durch das komplexe Bündel
von individuellen, familiären und ökonomischen Interessen der einzelnen Frauen
und der Träger- wie Stiftergruppen der Klöster relativiert werden. Spirituelle und
sozioökonomische Motive können – je nach Intention der Überlieferung – als Gegensatz
interpretiert werden, wie das in Reformschriften oft genug geschieht, aber
ebenso als aufeinander verweisend verstanden werden. ³⁸
Offensichtlich ist: Monastische Gemeinschaften entstehen aus Personen und
Gruppen. Das Spannungsverhältnis, das in stärker oder schwächer »inklusiven«
bzw. »exklusiven« Modellen der vita communis zum Ausdruck kommt, ist also
ebenso ein integraler Bestandteil der (ständischen) Welt außerhalb monastischer
Gemeinschaften. Mehr noch: »Die Welt« trägt über die Angehörigen sozialer Gruppen,
die Mitglieder von monastischen Gemeinschaften werden, im europäischen
Mittelalter sowohl ständisch-hierarchische Vorstellungen in diese Gemeinschaften
hinein, wie auch solche, die mit horizontalen Beziehungsgeflechten und einer entsprechenden
Ressourcen-Ökonomie verbunden sind, wie sie umgekehrt das institutionell-organisatorische
Potential religiöser Gemeinschaften nutzt. ³⁹ Die wenn
auch regional sehr unterschiedliche Entwicklung der Städte im 11. und 12. Jahrhundert
spielt bei der Ausdifferenzierung solcher Modelle ebenso wie die zunehmende
Reglementierung, Verschriftlichung und rechtliche Fixierung von Formen des gemeinschaftlichen
Zusammenlebens seit dem 12. und 13. Jahrhundert eine wichtige
Rolle. ⁴⁰
Somit stellt sich die Frage, ob diese Verbindungen zwischen den geistlichen Gemeinschaften
und den außermonastischen Gruppen, aus denen sie entstehen, nicht
ebenso konstitutiv für den längerfristigen Bestand der als Gemeinschaft organisierten
Gruppen im Kloster sind wie deren interne Regeln des Zusammenlebens.
Ermöglichen sie darüber hinaus nicht erst Transfer und Übersetzung von kulturellen
Leistungen zwischen inner- und außermonastischem Raum, und sind damit
38 Zahlreiche Beispiele etwa in den erwähnten Studien von Eva Schlotheuber, Christine Kleinjung und
Gordon Blennemann (wie Anm. 32 und 33). Vgl. außerdem die Beiträge in Frauen – Kloster – Kunst.
Neue Forschungen zur Kulturgeschichte des Mittelalters. Beiträge zum Internationalen Kolloquium vom
13.–16. Mai 2005 anlässlich der Ausstellung »Krone und Schleier«, hg. von Jeffrey F. Hamburger/Carola
Jäggi/Susan Marti u.a. in Kooperation mit dem Ruhrlandmuseum Essen, Turnhout 2007, besonders
die Abschnitte »Kloster und Welt«, S. 211–274 und »Patrone«, S. 275 –311, sowie die Literaturübersicht
bei Gudrun Gleba, Klöster und Orden im Mittelalter, 4. Aufl. Darmstadt 2011, besonders S. 140 f. und
S. 144.
39 Oexle, Koinos bios (wie Anm. 1); zum Begriff Ressourcenökonomie vgl. die methodologischen Überlegungen
von Gabriele Jancke und Daniel Schläppi, Ökonomie sozialer Beziehungen. Wie Gruppen
in frühneuzeitlichen Gesellschaften Ressourcen bewirtschafteten, in: L’Homme. Europäische Zeitschrift
für Feministische Geschichtswissenschaft 22/1, 2011, S. 85 –97.
40 Weinfurter, Innovation (wie Anm. 8), besonders S. 300 –305; Haverkamp, Neue Formen (wie
Anm. 19).
 
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