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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0034
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Einleitung des Herausgebers

XXXIII

reits 1905 erschienen und sollte nun offensichtlich bei Springer neu herauskommen.
Jaspers befürchtete wohl, man könnte allein des Titels wegen einen Zusammenhang
mit seiner Psychologie der Weltanschauungen herstellen, die gerade in zweiter Auflage
auf den Markt gekommen war. Ganz so qualvoll konnte die Lektüre für ihn freilich
nicht gewesen sein, denn als Reiners Buch ein Jahr später bei Dünnhaupt in Dessau
unter dem Titel Weltanschauung großer Denker erschien, erhielt es einen Platz in sei-
ner Bibliothek.* * * * 15
Die Problematik seiner Ratgeberrolle war Jaspers übrigens bewusst; dass die Sorge
um die Seriosität des Verlages nicht zuletzt von Überlegungen in eigener Sache moti-
viert war, deutete er gegenüber Springer immerhin an: »Die fast stets negativen Ergeb-
nisse meiner Prüfungen sind mir fatal. Aber ich glaube in Ihrem Sinne zu handeln,
wenn ich daran mitwirke, dass bei den Herren nicht die Meinung aufkommt: Sprin-
ger druckt alles.«16
Für sich genommen zeichnen solche Äußerungen ein nicht gerade sympathisches
Bild. Jaspers erscheint hier als ein kühl kalkulierender, mitunter skrupelloser, jeden-
falls hartnäckig auf die eigene Wirkung fixierter Autor. Zu seinem philosophischen
Selbstverständnis, in dem Wahrhaftigkeit eine fundamentale Rolle spielt, scheint das
schlecht zu passen. Nicht von ungefähr schrieb Springer in einer verlagsinternen No-
tiz: »J a s p e r s ist bei aller Philosophie ein kalt rechnender Geschäftsmann.«17 Ein an-
deres Bild ergibt sich jedoch, wenn man den Kontext der zitierten Äußerungen be-
rücksichtigt. Dann wird schnell klar, dass es Jaspers bei allem Wirkungswillen um
mehr geht als um bloße Selbstbehauptung auf dem literarischen Markt. Es geht ihm
um eine Erneuerung der Philosophie, die zwischen die Fronten von Wissenschaft
und Weltanschauung geraten ist und darüber ihre Einheit zu verlieren droht. Einer
der Orte, an dem diese Auseinandersetzung um die Philosophie ausgetragen wird, ist
der Springer-Verlag.
In der Verlagskorrespondenz schwingt dieser Kontext immer mit, mal stärker und
mal schwächer. Direkt angesprochen wird er jedoch in einer Verlagsanfrage des Neu-
kantianers Richard Hönigswald, der mit Kollegen bei Springer eine wissenschaftli-
che Reihe begründen wollte. Jaspers lag der Plan in einer Abschrift zur Begutachtung
vor, die einschlägige Passage lautet dort: »Unvoreingenommenen Beurteilern der ge-

der Vergangenheit und Gegenwart in Fühlung bleiben wollen, zu unterbreiten.« (Ebd., VII). Wie
Jaspers richtete sich Reiner nicht an Fachgelehrte, sondern an gebildete Menschen überhaupt:
Er habe in jenem Buch versucht, »ein übersichtliches Bild über die prinzipiellen Fragen zu ent-
werfen, die keinem gebildeten Menschen gleichgiltig sein dürften.« (Ebd., VII-VIII).
15 Weltanschauung großer Denker, ausgewählt und hg. von J. Reiner, Dessau o.J. [1924] (KJB Olden-
burg: KJ 5163).
16 K. Jaspers an F. Springer, 18. September 1925, in diesem Band, S. 320.
17 F. Springer an T. Lange, 10. Dezember 1953, ebd., 384.
 
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