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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0321
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Karl Jaspers - Kohlhammer (1956-1957)

204 Wilhelm Zilius an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, auf Briefpapier des W. Kohlhammer Verlags, Stuttgart
22.11.1956
Sehr verehrter Herr Professor!
Als Mitarbeiter von Herrn Dr. Rühle und hier mit besonderen Planungsaufgaben be-
traut, trage ich mich seit einiger Zeit mit einem Verlagsplan, den Ihnen vortragen zu
dürfen, meine Bitte ist. Nichts war geeigneter, meine Überlegungen kritisch zu über-
prüfen, als die Lektüre des Ihnen gewidmeten Bandes in der Schilpp’schen Reihe.411
Die innere Beziehung meines Planes zu Ihnen geht aber weit über dieses Werk hin-
aus, und er will eigentlich nichts anderes besagen als das, was für viele Menschen Ihre
»Geistige Situation der Zeit« gewesen ist und noch heute bedeutet. Und damit bin ich
schon dort, wo ich mich immer wieder gefragt habe: Ist es sinnvoll, danach und da-
neben etwas zu setzen, was vielleicht nur ein unzureichender Ersatz für dieses kleine,
aber so großartige Werk werden kann, das vielen von uns zu einer echten geistigen
Orientierungshilfe geworden ist und diese seine Kraft in schwerster Zeit bewiesen hat?
Ich glaube jedoch, dass sich mit der ständig dringlichen Frage nach der geistigen
Situation unserer Zeit die Aufgabe verbindet, immer wieder nach einer neuen Ant-
wort zu suchen.
Ich denke also an eine geistige Ortsbestimmung unserer Zeit in dem Sinne Ihres
Satzes: »Wir dürfen nicht zögern, wissen zu wollen, wo wir stehen.«412 Wo stehen wir
mit unseren Kenntnissen über den Menschen und die ihn umgebende Natur - fer-
ner: worauf kommt es im Blick auf diese Kenntnisse heute an, wenn wir unseren ge-
schichtlichen Auftrag in dieser Zeit erfüllen wollen? Die Schwierigkeit liegt in der
bündigen Darstellung, und erlauben Sie mir bitte, dass ich Ihnen dazu kurz meine
Gedanken entwickle.
Eine Klärung der geistigen Situation der Zeit muss m.E. zunächst von den neues-
ten Erkenntnissen vom Menschen und von der Welt, in der er heute lebt, ausgehen.
Diese Erkenntnis ist die Grundlage, aber mit ihr allein ist es nicht getan. Hinzu kom-
men muss die Deutung, eine Auskunft über Sinn und Ziel, der Anruf an den Men-
schen, sich seiner Freiheit bewusst zu werden, sich zu entscheiden.
Mit anderen Worten und mit Blick auf die Verlagsunternehmen ähnlicher Art: Ge-
genüber den modischen Kultur- und Zeitdiagnosen mit feuilletonistischem Einschlag
 
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