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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0366
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Karl Jaspers - Reich

249

Bei Ihren Worten von den damaligen Zeiten muß ich an das denken, was Prof. Höl-
scher mir kurz nach Kriegsausbruch sagte, daß er sich bemühe, wie die Mönche zur
Zeit der Völkerwanderung etwas Kultur über das Chaos hinweg zu retten.545 Aber ist
die Zeit des Chaos schon vorbei? Mir wird die innere Ferne zu meinen Landsleuten
heute fast noch deutlicher fühlbar, da ich weit weniger Menschen finde, die in inne-
rer Distanz sich bemühen, geistige Freiheit zu bewahren. Es bestätigt sich mir darin,
was auch Prof. Hölscher mir damals sagte, daß unsre Landsleute immer wieder autori-
tären Bestrebungen verfallen, weil sie froh sind, wenn sie nichts anderes zu tun brau-
chen als zu gehorchen. Von diesem Aspekt nannte er mir damals schon die so viel
verschrieene Linie Friedrich II. - Bismarck - Wilhelm II. etc. Jetzt feiert das autoritäre
System in der Kirche fröhliche Auferstehung. Nur von daher ist die Schärfe und die Ge-
hässigkeit zu verstehen, mit der die Auseinandersetzung hier und dort geführt wird.
Obwohl ich selbst dabei mit zu den Leidtragenden gehöre - ich bin, dem Papier nach
wegen der Tbc, vorzeitig pensioniert -, fühle ich mich doch auf der Seite derer, die
nicht über die Macht verfügen, wohler, so, als gehöre ich dort eher hin als auf die an-
dere Seite. Bitter ist nur, daß die Freunde von damals heute keine Freunde mehr sind.
Mit den besten Grüßen
Ihr sehr ergebener H.-W. Bartsch
250 Karl Jaspers an Herbert Reich
Typoskript; Abschrift des Verlags: KJB Oldenburg

Basel, den 19. März 1954
Sehr geehrter Herr Reich!
Es war mir eine Freude, Sie bei Ihrem Besuch in Basel kennenzulernen.
Die von Pfarrer Bartsch herausgegebene Sammlung »Kerygma und Mythos«,
die in Ihrem Verlage erschienen ist, war mir für meine Information das einzige Mit-
tel. Nie hätte ich als Außenstehender von den zerstreuten und so sehr verschiedenen
Kundgebungen zu den Problemen der Entmythologisierung Kenntnis erhalten.
Es ist ein großes Verdienst, die so vielfach gegeneinander polemischen Stellungen zu
vereinigen.
Mit den besten Empfehlungen
Ihr
gez. Karl Jaspers
 
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