96 David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller
konzentriert, die als „Suchend e“ (167, 15) schon durch ihre ganze Ausstrah-
lung erkennen lassen, „dass sie eben das inbrünstig und mit ernster Beharr-
lichkeit suchten, was der Bildungsphilister zu besitzen wähnt: die ächte ur-
sprüngliche deutsche Kultur“ (167, 15-18), verfolgt Schopenhauer speziellere
Perspektiven, indem er seinen Fokus konkret auf die Philosophie richtet. In
seiner Schrift Ueber die Universitäts-Philosophie, die im Rahmen der Parerga
und Paralipomena I erschien und nachhaltigen Einfluss auf N.s UBIII SE hatte
(vgl. dazu Kapitel III.4 des Überblickskommentars zu UB III SE), nimmt Scho-
penhauer auch implizit auf das oben genannte Juvenal-Zitat Bezug und entfaltet
dessen spezifische Bedeutung im Rahmen seiner kritischen Auseinandersetzung
mit der akademischen Philosophie: „Ueberhaupt aber, wie sollte der, welcher
für sich, nebst Weib und Kind, ein redliches Auskommen sucht, zugleich sich
der Wahrheit weihen? der Wahrheit, die zu allen Zeiten ein gefährlicher Be-
gleiter, ein überall unwillkommener Gast gewesen ist, - die vermuthlich auch
deshalb nackt dargestellt wird, weil sie nichts mitbringt, nichts auszutheilen
hat, sondern nur ihrer selbst wegen gesucht seyn will. Zwei so verschiedenen
Herren, wie der Welt und der Wahrheit, die nichts, als den Anfangsbuchsta-
ben, gemein haben, läßt sich zugleich nicht dienen“ (PP I, Hü 163-164). Wahr-
heitssuche als Lebensaufgabe bildet hier den Fokus.
N. stimmt mit Schopenhauer im Plädoyer für eine Philosophie überein, die
sich ohne Ablenkung ganz auf die autonome Suche nach der Wahrheit kon-
zentriert, und beide üben entschieden Kritik an jeder Instrumentalisierung der
Philosophie durch andersgeartete Zwecke. Schopenhauer kontrastiert die Men-
talität der auf ökonomische Absicherung ausgerichteten Universitätsphiloso-
phen mit dem „tiefbewegte[n] Gemüth eines wirklichen Philosophen, dessen
ganzer und großer Ernst im Aufsuchen eines Schlüssels zu unserm so räthsel-
haften wie mißlichen Daseyn liegt“ (PP I, Hü 151), nämlich in der kompromiss-
losen „Wahrheitsforschung“ (PP I, Hü 149) als eigentlichem Lebensinhalt. In
UB III SE schließt N. an diese Auffassung an, indem er den auf die Wahrheits-
suche konzentrierten „grossen Philosophen von Natur“ die „schlechten Philo-
sophen von Staatswegen“ gegenüberstellt (KSA 1, 413, 11-13).
Eine Erweiterung des Horizonts vollzieht N. in UB III SE, wenn er über die
Objektebene bei der Suche nach der Wahrheit hinaus auch die Subjektdimen-
sion mitberücksichtigt: So erblickt er „die erste Weihe der Kultur“ (KSA 1, 386,
5-6) darin, „nach einem irgendwo noch verborgnen höheren Selbst mit allen
Kräften zu suchen“ (KSA 1, 385, 23-24). - Eine Subjekt-Objekt-Korrelation wird
relevant, wenn N. im 15. Kapitel der Geburt der Tragödie vor allem Lessing
durch die unermüdliche Bereitschaft zur Suche charakterisiert: „Darum hat
Lessing, der ehrlichste theoretische Mensch, es auszusprechen gewagt, dass
ihm mehr am Suchen der Wahrheit als an ihr selbst gelegen sei: womit das
konzentriert, die als „Suchend e“ (167, 15) schon durch ihre ganze Ausstrah-
lung erkennen lassen, „dass sie eben das inbrünstig und mit ernster Beharr-
lichkeit suchten, was der Bildungsphilister zu besitzen wähnt: die ächte ur-
sprüngliche deutsche Kultur“ (167, 15-18), verfolgt Schopenhauer speziellere
Perspektiven, indem er seinen Fokus konkret auf die Philosophie richtet. In
seiner Schrift Ueber die Universitäts-Philosophie, die im Rahmen der Parerga
und Paralipomena I erschien und nachhaltigen Einfluss auf N.s UBIII SE hatte
(vgl. dazu Kapitel III.4 des Überblickskommentars zu UB III SE), nimmt Scho-
penhauer auch implizit auf das oben genannte Juvenal-Zitat Bezug und entfaltet
dessen spezifische Bedeutung im Rahmen seiner kritischen Auseinandersetzung
mit der akademischen Philosophie: „Ueberhaupt aber, wie sollte der, welcher
für sich, nebst Weib und Kind, ein redliches Auskommen sucht, zugleich sich
der Wahrheit weihen? der Wahrheit, die zu allen Zeiten ein gefährlicher Be-
gleiter, ein überall unwillkommener Gast gewesen ist, - die vermuthlich auch
deshalb nackt dargestellt wird, weil sie nichts mitbringt, nichts auszutheilen
hat, sondern nur ihrer selbst wegen gesucht seyn will. Zwei so verschiedenen
Herren, wie der Welt und der Wahrheit, die nichts, als den Anfangsbuchsta-
ben, gemein haben, läßt sich zugleich nicht dienen“ (PP I, Hü 163-164). Wahr-
heitssuche als Lebensaufgabe bildet hier den Fokus.
N. stimmt mit Schopenhauer im Plädoyer für eine Philosophie überein, die
sich ohne Ablenkung ganz auf die autonome Suche nach der Wahrheit kon-
zentriert, und beide üben entschieden Kritik an jeder Instrumentalisierung der
Philosophie durch andersgeartete Zwecke. Schopenhauer kontrastiert die Men-
talität der auf ökonomische Absicherung ausgerichteten Universitätsphiloso-
phen mit dem „tiefbewegte[n] Gemüth eines wirklichen Philosophen, dessen
ganzer und großer Ernst im Aufsuchen eines Schlüssels zu unserm so räthsel-
haften wie mißlichen Daseyn liegt“ (PP I, Hü 151), nämlich in der kompromiss-
losen „Wahrheitsforschung“ (PP I, Hü 149) als eigentlichem Lebensinhalt. In
UB III SE schließt N. an diese Auffassung an, indem er den auf die Wahrheits-
suche konzentrierten „grossen Philosophen von Natur“ die „schlechten Philo-
sophen von Staatswegen“ gegenüberstellt (KSA 1, 413, 11-13).
Eine Erweiterung des Horizonts vollzieht N. in UB III SE, wenn er über die
Objektebene bei der Suche nach der Wahrheit hinaus auch die Subjektdimen-
sion mitberücksichtigt: So erblickt er „die erste Weihe der Kultur“ (KSA 1, 386,
5-6) darin, „nach einem irgendwo noch verborgnen höheren Selbst mit allen
Kräften zu suchen“ (KSA 1, 385, 23-24). - Eine Subjekt-Objekt-Korrelation wird
relevant, wenn N. im 15. Kapitel der Geburt der Tragödie vor allem Lessing
durch die unermüdliche Bereitschaft zur Suche charakterisiert: „Darum hat
Lessing, der ehrlichste theoretische Mensch, es auszusprechen gewagt, dass
ihm mehr am Suchen der Wahrheit als an ihr selbst gelegen sei: womit das