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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1/2): Kommentar zu Nietzsches Unzeitgemässen Betrachtungen: I. David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller, II. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben — Berlin, Boston: De Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69926#0281
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II.1 Entstehungs- und Textgeschichte

N.s UB II Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben (KSA 1, 243-334)
ist die mit Abstand am meisten rezipierte Schrift der Unzeitgemässen Betrach-
tungen. Obwohl N.s Arbeitskraft durch seine Augenprobleme erheblich einge-
schränkt war, entstand das Werk in einem Zeitraum von nur wenigen Monaten:
vom Herbst 1873 bis zum 1. Januar 1874. Bereits in der letzten Dezember-Woche
begann N.s Verleger Ernst Wilhelm Fritzsch mit dem Druck der Schrift, zu der
N. die Lektüre der Korrekturfahnen Anfang Februar 1874 abschloss (vgl. Scha-
berg 2002, 60).
Dass N. unter dem Titel Unzeitgemässe Betrachtungen zunächst dreizehn
kulturkritische Schriften verfassen wollte, von denen er später de facto aller-
dings nur vier fertiggestellt und publiziert hat (UB I DS, UB II HL, UB IIISE,
UB IV WB), zeigen Nachlass-Notate. Nachdem er zunächst für die zweite seiner
„Unzeitgemässen Betrachtungen“ das Thema „Die historische Krankheit“ er-
wogen hatte (NL 1872-73,19 [330], KSA 7, 520), notierte er zwischen Herbst 1873
und Winter 1873/74 die folgenden provisorischen Werktitel: „Entwurf der
Unzeitgemässen Betrachtungen4. 1. Der Bildungsphilister. / 2. Ge-
schichte. / 3. Philosoph. / 4. Gelehrte. / 5. Kunst. / 6. Lehrer. / 7. Religion. / 8.
Staat Krieg Nation. / 9. Presse. / 10. Naturwissenschaft. / 11. Volk Gesellschaft. /
12. Verkehr. / 13. Sprache“ (NL 1873-74, 30 [38], KSA 7, 744-745). - Ein knappes
Vierteljahr nach der Publikation der Historienschrift reflektiert N. seine kon-
zeptionellen Absichten für die Unzeitgemässen Betrachtungen humoristisch.
Nachdem am 18. September 1873 noch von zwölf geplanten Unzeitgemässen
Betrachtungen die Rede gewesen ist (KSB 4, Nr. 313, S. 157), erklärt er am
20. Mai 1874 in einem Brief an Richard Wagner: „Ich habe ein ganzes Nest voll
halbausgebrüteter Eier im Kopfe. Fruchtbarkeit verpflichtet, sagte die Katze als
sie 13 Junge warf“ (KSB 4, Nr. 365, S. 230). - Elisabeth Förster-Nietzsche hinge-
gen behauptet im zweiten Band ihrer Biographie Das Leben Friedrich Nietz-
sche’s (1897), sie könne sich „genau“ daran erinnern, dass ihr Bruder zeitweilig
sogar „vierundzwanzig“ Unzeitgemässe Betrachtungen ins Auge fasste und „im
Sommer 1873“ auch „24 Buchtitel nannte“ (Förster-Nietzsche 1897, Bd. II/l,
138) , die er dann auf „13“ und schließlich auf „10 bis 12“ reduziert habe (ebd.,
139) . Außerdem behauptet sie, er habe dieses Werk zunächst als Team-Projekt
geplant: Zur gemeinschaftlichen „Bewältigung dieser außerordentlichen Auf-
gabe“ habe der junge N. nämlich „eine Vereinigung seiner nächsten Freunde“
anvisiert und sie dadurch ausgezeichnet4, nämlich „die Freunde Professor
Jacob Burckhardt, Professor Rohde, Professor Overbeck und Freiherr von

https://doi.org/10.1515/9783110286861-003
 
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