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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1/2): Kommentar zu Nietzsches Unzeitgemässen Betrachtungen: I. David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller, II. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben — Berlin, Boston: De Gruyter, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69926#0139
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Stellenkommentar UB I DS 3, KSA 1, S. 174 113

schichte der Reformationszeit und mit der Geschichte Englands und Frank-
reichs befassen. Außerdem publizierte Leopold von Ranke eine neunbändige
Weltgeschichte. Ranke lehrte bis 1871 an der Berliner Universität und avancier-
te auch zum offiziellen Historiographen des preußischen Staates. - Der deut-
sche Historiker Theodor Mommsen (1817-1903) war von 1858 an als Professor
für Alte Geschichte in Berlin tätig, nachdem er zuvor eine Professur für römi-
sches Recht infolge seines politischen Engagements für die Märzrevolution ver-
loren hatte. Er vertrat demokratische Ideale und nationalliberale Überzeugun-
gen, war als Anhänger der bürgerlichen Linken ein entschiedener Gegner des
Bismarck-Regimes und fungierte mehrfach als Mitglied des preußischen Land-
tags und des Reichstags. Theodor Mommsens bekanntestes Werk ist die fünf-
bändige Römische Geschichte (1854-1885), für die er 1902 den Nobelpreis für
Literatur erhielt. Vgl. dazu Christian Meier 1982, 201-244. - Dass N. diesen bei-
den herausragenden Historikern des 19. Jahrhunderts distanziert gegenüber-
stand, war durch seine konträren Überzeugungen bedingt. Vgl. dazu NK 1/1,
364-366. In N.s Historienschrift, die u. a. eine auf „Objectivität“ zielende Ge-
schichtswissenschaft problematisiert, kreist das 6. Kapitel implizit um Leopold
von Ranke (vgl. den Kommentar zu UB II HL im vorliegenden Band). Bereits
ein Nachlass-Notat von 1875 lässt ein ausgeprägtes Interesse N.s an Ranke er-
kennen: N. erwägt dort die Anschaffung von Büchern und notiert in diesem
Zusammenhang: „Historiker z. B. den ganzen Ranke“ (NL 1875, 4 [1], KSA 8,
39).
174, 24-25 einige bornirte Widersacher der Straussischen Erkenntnisse] David
Friedrich Strauß selbst macht ausführlich und mit einer gewissen Larmoyanz
die zeitgenössische Kritik an ANG zum Thema. Zu diesem Zweck verfasste Da-
vid Friedrich Strauß ein Nachwort als Vorwort zu den neuen Auflagen meiner
Schrift: Der alte und der neue Glaube (1873), das er ANG von der vierten Auflage
an voranstellte. Dieses Nachwort als Vorwort hatte Strauß (eigenen Angaben
zufolge) schon „am letzten Tage des Jahres 1872“ abgeschlossen (vgl. ebd.,
278). Doch erst vier Jahre nach der Erstpublikation (1873) erschien dieser Text
auch als Anhang im Rahmen einer Strauß-Werkausgabe (vgl. Strauß: Gesam-
melte Schriften, Bd. 6,1877, 255-278). Aus Strauß’ Replik geht nicht nur hervor,
dass die kritische Resonanz der Zeitgenossen auf die vorangegangenen drei
Auflagen seines Buches ANG sehr umfangreich gewesen war. Überdies gibt er
auch zu erkennen, dass sich diese kritischen Stellungnahmen zugleich über
ein breites ideologisches Spektrum erstreckten. So spricht David Friedrich
Strauß selbst geradezu von einem „Kreuzfeuer der Orthodoxen und der Fort-
schrittstheologen, der Conservativen und der Socialdemokraten“ (ANG, Nach-
wort als Vorwort, 8).
 
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