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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1/2): Kommentar zu Nietzsches Unzeitgemässen Betrachtungen: I. David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller, II. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben — Berlin, Boston: De Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69926#0189
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Stellenkommentar UB I DS 7, KSA 1, S. 195 163

er in seiner Tiefe schon, wird das Äußerste tun und selbst den Wahnwitz nicht
scheuen, um den Philister gegen sich zu haben“ (ebd., 687-688).
Im Hinblick auf die Rezeptionsgeschichte von UB I DS (vgl. dazu Kapitel
1.5 des Überblickskommentars zu UB I DS) ist es aufschlussreich, dass sich ei-
ner von N.s zahlreichen Kritikern auf die Thematik des Darwinismus konzent-
riert. Denn eine anonyme Rezension, die am 15./16. September 1873 im Publika-
tionsorgan „Schweizer Grenzpost und Tagblatt der Stadt Basel“ erschien (vgl.
den Wiederabdruck bei Hauke Reich 2013, 286-292), enthält den Vorwurf, N.s
Attacke auf David Friedrich Strauß offenbare eine stupende Unwissenheit hin-
sichtlich der Theorien Darwins. So kenne N. die relevanten „Faktoren im
Kampf ums Dasein“ offenbar „nicht einmal vom Hörensagen“ (ebd., 289). Da-
her empfiehlt ihm der Rezensent eine „Erweiterung seiner Naturkenntnisse“
und bezweifelt zugleich die Seriosität von N.s Einwand gegen Strauß, in ANG
fehle eine „ernst durchführte Darwinistische Ethik“ (ebd., 289). - Durch biblio-
graphische Recherchen lässt sich der Buchtitel Das Unbewusste vom Stand-
punkt der Physiologie und Descendenztheorie (ebd., 289) komplettieren, den der
Rezensent auffälligerweise ohne Autorangabe, Untertitel und Publikationsjahr
nennt. Es handelt sich dabei um Eduard von Hartmanns (zunächst anonym
erschienenes) Werk Das Unbewusste vom Standpunkt der Physiologie und Des-
cendenztheorie. Eine kritische Beleuchtung des naturphilosophischen Theils der
Philosophie des Unbewussten aus naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten
(1872). Bekannt geworden war Eduard von Hartmann einige Jahre zuvor bereits
durch seine Philosophie des Unbewußten: Versuch einer Weltanschauung. Spe-
culative Resultate nach inductiv-naturwissenschaftlicher Methode (1869). Dieses
Werk wird von N. in UB II HL (9. Kapitel) heftig attackiert (KSA 1, 311-324).
195, 7-8 „Alles sittliche Handeln“, sagt Strauss, „ist ein Sichbestimmen des Ein-
zelnen nach der Idee der Gattung.“] Vgl. dazu ANG 236, 2-4.
195,13 der Patagonier] Mitglied der heute weitgehend ausgerotteten Indianer-
stämme, die Patagonien, den südlichsten Teils Südamerikas, bewohnten. Diese
Regionen gehören heute zu Argentinien und Chile.
195, 19-23 Zudringlichkeiten geniesüchtiger Original-Narren [...], über deren
pilzartiges Aufwachsen in Deutschland schon Lichtenberg klagte, und die mit wil-
dem Geschrei von uns fordern, dass wir die Bekenntnisse ihres allerneuesten
Glaubens anhören] Georg Christoph Lichtenberg entwirft in seinen Sudelbü-
chern im Aphorismus D 610 den „Plan der neuen Satyre“: „Deutschland hat so
lange nach Original-Köpfen geseufzt und jetzt, da sie allein am Musen-Alma-
nach zu Dutzenden sitzen, [...] da klagt man überall über die Original-Köpfe“
(Lichtenberg: Schriften und Briefe, Bd. 1,1968, 322). Wenig später erklärt Lich-
tenberg in den Sudelbüchern: „mich dünkt, es ist um alle deutsche Autoren-
 
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