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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1/2): Kommentar zu Nietzsches Unzeitgemässen Betrachtungen: I. David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller, II. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben — Berlin, Boston: De Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69926#0201
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Stellenkommentar UB I DS 7, KSA 1, S. 199-200 175

tischen Briefen hervor. So bekennt N. seinem Freund Erwin Rohde am 9. De-
zember 1868: „Wagner, wie ich ihn jetzt kenne, aus seiner Musik, seinen
Dichtungen seiner Aesthetik, zum nicht geringsten Theile aus jenem glückli-
chen Zusammensein mit ihm, ist die leibhaftigste Illustration dessen, was
Schopenhauer ein Genie nennt: ja die Ähnlichkeit all der einzelnen Züge ist in
die Augen springend [...] wir könnten zusammen den kühnen, ja schwindeln-
den Gang seiner umstürzenden und aufbauenden Aesthetik gehen, wir könn-
ten endlich uns von dem Gefühlsschwunge seiner Musik wegreißen lassen, von
diesem Schopenhauerischen Tonmeere“ (KSB 2, Nr. 604, S. 352-353). Und am
28. September 1869 bezeichnet er Wagner in einem Brief an Carl von Gersdorff
mit Nachdruck als „Genius“, nämlich als Inkarnation „dessen, was Schopen-
hauer ein ,Genie4 nennt“ (KSB 3, Nr. 32, S. 61). Einen Monat zuvor, am 25. Au-
gust 1869, apostrophiert N. den Komponisten in einem Brief an Paul Deussen
mit superlativischer Emphase als „den größten Genius und größten
Menschen dieser Zeit, durchaus incommensurabel!“ (KSB 3, Nr. 24, S. 46).
199, 26-32 Er verweist auf die Bismarck, Moltke, „deren Grösse um so weniger
zu verläugnen steht, als sie auf dem Gebiete der handgreiflichen äusseren That-
sachen hervortritt. Da müssen nun doch auch die steifnackigsten und borstigsten
unter jenen Gesellen sich bequemen, ein wenig aufwärts zu blicken, um die erha-
benen Gestalten wenigstens bis zum Knie in Sicht zu bekommen.“] Hier zitiert N.
aus Strauß’ ANG 280, 17-24. Das Zitat im folgenden Lemma schließt direkt an
diese Stelle an. Vgl. Exzerpte aus ANG (KGW III5/1), S. 355. - Otto von Bis-
marck (1815-1898), der seit 1862 Ministerpräsident von Preußen war, hatte
nach dem Ende des deutsch-französischen Krieges 1870/71 maßgeblichen An-
teil an der Entscheidung für die kleindeutsche Lösung der deutschen Frage
und an der Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871, dessen erster
Reichskanzler er von 1871 bis 1890 war. Der preußische Generalfeldmarschall
Helmuth Graf von Moltke (1800-1891) war der führende Stratege in den Kriegen
von 1866 und 1870/71; zu den preußisch-deutschen Siegen trug er entschei-
dend bei.
200, 3-5 „Auch auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft, fährt Strauss fort,
wird es nie an bauenden Königen fehlen, die einer Masse von Kärrnern zu thun
geben“.] Im Kontext von ANG (280, 25 - 281, 10) lautet die Passage so: „Nein,
die Geschichte wird fortfahren, eine gute Aristokratin, obwohl mit volksthümli-
chen Gesinnungen zu sein; die Massen, in immer weitern Kreisen unterrichtet
und gebildet, werden doch auch fernerhin zwar treiben und drängen, oder
auch stützen und Nachdruck geben, und dadurch bis zu einem gewissen Punkte
wohlthätig wirken; führen und leiten aber werden immer nur einzelne überlege-
ne Geister können; das Hegel’sche Wort, daß ,an der Spitze der welthistorischen
 
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