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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1/2): Kommentar zu Nietzsches Unzeitgemässen Betrachtungen: I. David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller, II. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben — Berlin, Boston: De Gruyter, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69926#0241
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Stellenkommentar UB I DS 11, KSA 1, S. 222 215

sehe Schulwesen, indem er betont, dass „der Kritiker in Theater und Concert,
der Journalist in der Schule, die Presse in der Gesellschaft zur Herrschaft ge-
kommen war“ (KSA 1, 144, 8-10). Um die Wurzel der Problematik zu beseiti-
gen, die er in den Gymnasien sieht, propagiert N. mit Nachdruck Methoden
einer „sprachlichen Selbstzucht“ (KSA 1, 684, 17), die er als conditio sine qua
non für die Herausbildung der Fähigkeit „zu einem ästhetischen Urtheile“ be-
trachtet (KSA 1, 684, 15), mithin auch als wesentliche Voraussetzung für die
Produktion sprachlich angemessener kultureller Leistungen.
222, 22-24 Aufruf von Berthold Auerbach „an das deutsche Volk“ [...], in dem
jede Wendung undeutsch verschroben und erlogen war] Berthold Auerbach hieß
eigentlich Moses Baruch Auerbach (1812-1882) und war ein populärer deut-
scher Schriftsteller, der sich mit seinen Romanen und Erzählungen insbeson-
dere für die Emanzipation der Juden engagierte. Der von N. erwähnte Text Au-
erbachs ist in den Blättern für literarische Unterhaltung (Nr. 47, 1859, S. 852) zu
finden, und zwar als Anzeige unter dem Titel Zu Schiller’s Jubelfeier. Die Deut-
sche Schillerstiftung an die Deutschen:
„Am heutigen Tage hat sich die Deutsche Schillerstiftung constituirt zu dem in § I der
Satzung ausgesprochenen Zwecke: .Deutsche Schriftsteller und Schriftstellerinnen, wel-
che für die Nationalliteratur (mit Ausschluss der strengen Fachwissenschaften) verdienst-
lich gewirkt, vorzugsweise solche, die sich dichterischer Formen bedient haben, dadurch
zu ehren, dass sie ihnen oder ihren nächstangehörigen Hinterlassenen in Fällen über
sie verhängter schwerer Lebenssorge Hilfe und Beistand darbietet.“ .Sollten es die Mittel
erlauben, und Schriftsteller oder Schriftstellerinnen, auf welche obige Merkmale nicht
sämmtlich zutreffen, zu Hilfe und Beistand empfohlen werden, so bleibt deren Berück-
sichtigung dem Ermessen des Verwaltungsrathes überlassen.“ Die Constituirung dieser
Stiftung fällt nahe zusammen mit dem hundertjährigen Geburtsfest des unsterblichen
Dichters, zu dessen würdiger nationaler Feier, so weit die deutsche Zunge klingt, die
grossartigsten Vorbereitungen getroffen werden. Deutsche! Bei dem festlichen Klang jener
Glocke, die in ewiger Höhe tönt, sammelt Euch, nicht blos um zu seinen Ehren ein begeis-
tertes Gedächtnissfest zu begehen, sondern auch um ein bleibendes Denkmal werkthäti-
ger Liebe für unseren volksthümlichsten Dichter auf alle Zeiten zu stiften. Wie er selbst
gesungen: Göttern kann man nicht vergelten: / Schön ist’s ihnen gleich zu sein. / Gram
und Armuth soll sich melden, / Mit den Frohen sich erfreu’n - so können wir auch ihm
selbst nicht vergelten, wohl aber durch die mit seinem Namen geschmückte Stiftung den
Dank seines Volkes dadurch abtragen, dass wir geistig Strebende, die von schwerer Le-
benssorge heimgesucht sind, durch Beistand und Hilfe ehren. Deutsche! Keinen Ort gibt
es im Vaterlande, so abgeschieden von den grossen geistigen Besitzthümern unseres Da-
seins, dass nicht Männer und Frauen, Jünglinge und Jungfrauen darin lebten, in denen
die Dankbarkeit glüht für das, was Schiller uns allen geworden. In der Fremde lebt kein
Deutscher, dem nicht der Name Schiller ein heiliger Heimathsruf ist, so dass in diesem
Namen eine Weihestimmung einzig in ihrer Art, und ein Gesammtbewusstsein, auf so
vielen Gebieten des öffentlichen Lebens schmerzlich vermisst, zur erhebenden Erschei-
nung kommt. So tretet denn am 10. November zur Bildung von Schillerstiftungen überall
 
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