258 Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben
mir sei“ (KSB 4, Nr. 346, S. 201), um wenig später die kokette Perspektive zu
formulieren: „So mag denn das Unthier laufen - wem wird’s Freude machen?
Wer wird’s auch nur lesen! Ich glaube, man wird auf eine ungeheure Dumm-
heit bei mir schliessen - und man wird wirklich Recht haben!“ (KSB 4, Nr. 346,
S. 202). Zugleich bekundete er dem Freund seine Dankbarkeit für die geleistete
Korrekturarbeit: „mancher Flecken ist durch Deine Hand abgestreift worden.
Eine Anzahl Sonderlichkeiten gingen übrigens nicht auf mich, sondern auf die
Abschrift meines schwer leserlichen Manuscriptes zurück. Leider habe ich ge-
rade für den letzten Bogen Deine Hülfe nicht mehr benutzen können“ (KSB 4,
Nr. 346, S. 201). Zu den Korrekturen und Änderungsvorschlägen, die Erwin
Rohde seinem Freund N. unterbreitete und die dieser weitgehend berücksich-
tigte, vgl. den Nachbericht KGWIII5/1. - Wie sehr N. das kritische Urteil Erwin
Rohdes zu schätzen wusste, zeigt die dezidierte Aufforderung an ihn: „sage
mir doch mit Härte und Kürze Fehler Manieren und Gefahren meiner Darstel-
lung - denn darin genüge ich mir nicht und erstrebe etwas ganz Anderes. Also
hilf mir mit kurzen Winken, ich werde sehr dankbar sein“ (KSB 4, Nr. 346,
S. 202). Diesem Impuls folgte Rohde später tatsächlich in seinem auf den
24. März 1874 datierten Brief, in dem er sich mit Argumentation und Stil von
N.s Historienschrift ausführlich auseinandersetzte und auch entschieden sei-
nen Vorbehalt formulierte: „Du deducirst allzu wenig“ (KGB II4, Nr. 525,
S. 421). Vgl. dazu die Darlegungen zum rhetorischen Duktus der Historien-
schrift in Kapitel II.5 sowie NK 267, 10-17.
Der Kritische Kommentar der KGW bietet sowohl Vorstufen (KGW III5/1,
423-478) als auch Varianten (KGW III5/1, 478-544) zu UBII HL. Das Druckma-
nuskript, das überwiegend von Carl von Gersdorff stammt, ist erhalten geblie-
ben; auch das Korrekturexemplar mit Änderungsvorschlägen von Erwin Roh-
de, die N. fast immer akzeptierte, existiert noch, ebenso wie ein Handexemplar
mit Umarbeitungen und Verbesserungen von 1886 (KSA 14, 64). - Am 3. No-
vember 1874 bekannte N. seiner Schwester Elisabeth in einem Brief: „der buch-
händlerische Erfolg“ der beiden ersten Unzeitgemässen Betrachtungen „war bis
jetzt ein kläglicher: von der ersten sind c. 500, von der zweiten kaum 200 Ex-
emplare verkauft“ (KSB 4, Nr. 401, S. 273). Analoge Angaben machte N. nur
zwölf Tage später auch in einem Brief an Erwin Rohde, um dann mit einem
resignativen Stoßseufzer festzustellen: „Welche Zukunft!“ (KSB 4, Nr. 403,
S. 275). Infolge des geringen Absatzes konnte N.s neuer Verleger Ernst Schmeitz-
ner im Oktober 1874 von den 1000 Druckexemplaren von UB I DS und UB II HL
noch 483 Restexemplare der UB I DS und 778 Exemplare der UB II HL vom ersten
Verleger Emst Wilhelm Fritzsch übernehmen (vgl. Schaberg 2002, 60, 70).
Die Entstehungsgeschichte der Historienschrift und die konzeptionellen
Strategien N.s zeichnen sich in zahlreichen nachgelassenen Notaten aus der
mir sei“ (KSB 4, Nr. 346, S. 201), um wenig später die kokette Perspektive zu
formulieren: „So mag denn das Unthier laufen - wem wird’s Freude machen?
Wer wird’s auch nur lesen! Ich glaube, man wird auf eine ungeheure Dumm-
heit bei mir schliessen - und man wird wirklich Recht haben!“ (KSB 4, Nr. 346,
S. 202). Zugleich bekundete er dem Freund seine Dankbarkeit für die geleistete
Korrekturarbeit: „mancher Flecken ist durch Deine Hand abgestreift worden.
Eine Anzahl Sonderlichkeiten gingen übrigens nicht auf mich, sondern auf die
Abschrift meines schwer leserlichen Manuscriptes zurück. Leider habe ich ge-
rade für den letzten Bogen Deine Hülfe nicht mehr benutzen können“ (KSB 4,
Nr. 346, S. 201). Zu den Korrekturen und Änderungsvorschlägen, die Erwin
Rohde seinem Freund N. unterbreitete und die dieser weitgehend berücksich-
tigte, vgl. den Nachbericht KGWIII5/1. - Wie sehr N. das kritische Urteil Erwin
Rohdes zu schätzen wusste, zeigt die dezidierte Aufforderung an ihn: „sage
mir doch mit Härte und Kürze Fehler Manieren und Gefahren meiner Darstel-
lung - denn darin genüge ich mir nicht und erstrebe etwas ganz Anderes. Also
hilf mir mit kurzen Winken, ich werde sehr dankbar sein“ (KSB 4, Nr. 346,
S. 202). Diesem Impuls folgte Rohde später tatsächlich in seinem auf den
24. März 1874 datierten Brief, in dem er sich mit Argumentation und Stil von
N.s Historienschrift ausführlich auseinandersetzte und auch entschieden sei-
nen Vorbehalt formulierte: „Du deducirst allzu wenig“ (KGB II4, Nr. 525,
S. 421). Vgl. dazu die Darlegungen zum rhetorischen Duktus der Historien-
schrift in Kapitel II.5 sowie NK 267, 10-17.
Der Kritische Kommentar der KGW bietet sowohl Vorstufen (KGW III5/1,
423-478) als auch Varianten (KGW III5/1, 478-544) zu UBII HL. Das Druckma-
nuskript, das überwiegend von Carl von Gersdorff stammt, ist erhalten geblie-
ben; auch das Korrekturexemplar mit Änderungsvorschlägen von Erwin Roh-
de, die N. fast immer akzeptierte, existiert noch, ebenso wie ein Handexemplar
mit Umarbeitungen und Verbesserungen von 1886 (KSA 14, 64). - Am 3. No-
vember 1874 bekannte N. seiner Schwester Elisabeth in einem Brief: „der buch-
händlerische Erfolg“ der beiden ersten Unzeitgemässen Betrachtungen „war bis
jetzt ein kläglicher: von der ersten sind c. 500, von der zweiten kaum 200 Ex-
emplare verkauft“ (KSB 4, Nr. 401, S. 273). Analoge Angaben machte N. nur
zwölf Tage später auch in einem Brief an Erwin Rohde, um dann mit einem
resignativen Stoßseufzer festzustellen: „Welche Zukunft!“ (KSB 4, Nr. 403,
S. 275). Infolge des geringen Absatzes konnte N.s neuer Verleger Ernst Schmeitz-
ner im Oktober 1874 von den 1000 Druckexemplaren von UB I DS und UB II HL
noch 483 Restexemplare der UB I DS und 778 Exemplare der UB II HL vom ersten
Verleger Emst Wilhelm Fritzsch übernehmen (vgl. Schaberg 2002, 60, 70).
Die Entstehungsgeschichte der Historienschrift und die konzeptionellen
Strategien N.s zeichnen sich in zahlreichen nachgelassenen Notaten aus der