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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1,2): Kommentar zu Nietzsches "Unzeitgemässen Betrachtungen": I. David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller, II. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben — Berlin, Boston: de Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69926#0573
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Stellenkommentar UB II HL 9, KSA 1, S. 314 547

vier Arten von Ursachen (causae) differenziert: 1) Die ,causa efficiens4, die äu-
ßerlich wirkende Ursache, lässt Späteres als durch Früheres bewirkt erschei-
nen. 2) Gemäß der ,causa finalis4, der Zweckursache, ist das Geschehen durch
ein vorausgesetztes Ziel bestimmt. 3) Unter der ,causa formalis4 versteht man
die gestaltende Ursache. 4) Die ,causa materialis4 ist die im Stoff wirkende Ur-
sache.
314, 34 - 315, 8 Zwar nennt Hartmann das Lebensalter, welchem die Mensch-
heit sich jetzt nähert, das „Mannesalter“: das ist aber, nach seiner Schilderung,
der beglückte Zustand, wo es nur noch „gediegene Mittelmässigkeit“ giebt und
die Kunst das ist, was „dem Berliner Börsenmanne etwa Abends die Posse“ ist,
wo „die Genies kein Bedürfniss der Zeit mehr sind, weil es hiesse, die Perlen
vor die Säue werfen oder auch weil die Zeit über das Stadium, welchem Genies
gebührten, zu einem wichtigeren fortgeschritten ist“] Diese Zitate stammen aus
Hartmanns Philosophie des Unbewußten von 1869 (Abschnitt C, Kapitel XIII,
618-619). N. verändert sogar den Duktus von Eduard von Hartmanns Ausfüh-
rungen, um gegen sie zu polemisieren. Im Kontext von Hartmanns Philosophie
des Unbewußten heißt es (ebd.): „Die Kunst ist dann nicht mehr, was sie dem
Jünglinge war, die hehre, beseligende Göttin, sie ist nur noch eine mit halber
Aufmerksamkeit zur Erholung von den Mühen des Tages genossene Zerstreu-
ung, ein Opiat gegen die Langeweile, oder eine Erheiterung nach dem Ernst
der Geschäfte, - daher eine immer mehr um sich greifende dilettantische Ober-
flächlichkeit und ein Vernachlässigen aller ernsten, nur mit angestrengter Hin-
gebung zu geniessenden Richtungen der Kunst. Die künstlerische Produc-
tion des den Idealen entfremdeten Mannesalters der Menschheit bewegt sich
natürlich in derselben leichtfertigen, die Form gewandt beherrschenden und
von den Schätzen der Vergangenheit zehrenden, dilettantischen Oberflächlich-
keit, und bringt keine Genies mehr hervor, weil sie keine Bedürfnisse der Zeit
mehr sind, weil es hiesse, die Perle vor die Säue werfen, oder auch, weil die
Zeit über das Stadium, welchem Genies gebührten, zu einem wichtigeren hin-
weggeschritten ist. Um mich vor Missverständnissen zu wahren, bemerke ich
ausdrücklich, dass ich mit jener Charakteristik nicht die Gegenwart bezeich-
nen wollte, sondern eine Zukunft, an deren Schwelle unser Jahrhundert steht,
und von der die Gegenwart erst einen schwachen Vorgeschmack bietet. Die
Kunst wird der Menschheit im Mannesalter durchschnittlich etwa das sein, was
dem Berliner Börsenmann des Abends die Berliner Posse ist. Diese Ansicht ist
freilich nur durch die Analogie der Entwickelung der Menschheit mit den Le-
bensaltern des Einzelnen zu erhärten und durch die Bestätigung, welche diese
Analogie durch den bisherigen Gang der Entwickelung und die jetzt schon
ziemlich deutlich erkennbaren Ziele der nächsten Periode findet. Die Wen-
dung „gediegene Mittelmässigkeit“, die N. nur wenig später wiederholt (315,
 
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