Stellenkommentar JGB Titel, KSA 5, S. 9 45
sich aus dieser Praxis selbst speist. Ein Jenseits der Moral kann es demzufolge
nur als Jenseits einer spezifischen Moral geben, eben der „Sklaven-Mo-
ral“, die im Unterschied zur „Herren-Moral“ (JGB 260, KSA 5, 208, 25f.)
mit der Binarität von Gut und Böse operiert. Als N. 1882/83 seine selbstkritische
Aufzeichnung niederschrieb, stand ihm dieses Schema zwar noch nicht vor
Augen. Zweifellos aber schwingt im endgültigen Titel des von N. 1886 veröf-
fentlichten Buches noch immer die Hoffnung mit, es gebe einen Wirklichkeits-
zugang ganz ohne moralische Beimischung, etwa so, wie ihn Zarathustra be-
singt: „alle Dinge sind getauft am Borne der Ewigkeit und jenseits von Gut und
Böse; Gut und Böse selber aber sind nur Zwischenschatten und feuchte Trübsa-
le und Zieh-Wolken.“ (Za III Vor Sonnen-Aufgang, KSA 4, 209, 9-11). Zu recht
unterscheidet Dellinger 2013a, 67 „unterschiedliche Bedeutungsdimensionen
des Topos des Extramoralischen [...]: Einmal erscheint dieses Jenseits4 als Ort
außerhalb der abendländisch-christlichen Moraltradition und einmal als eine
Dimension, die dem ,Werthschätzen4 oder der Moral im weiteren Sinne extern
wäre.“
9, 2 f. Vorspiel einer / Philosophie der Zukunft] Als Titelstichwort ist „Philoso-
phie der Zukunft“ noch ohne „Vorspiel“ erstmals in NL 1883, KSA 10, 14[1],
475, 1 zu belegen und kehrt dann wieder in NL 1884, KSA 11, 25[238], 74, 15;
„Fingerzeige zu einer Philosophie der Zukunft“ folgen in NL 1884, KSA 11,
25[490], 142, 10, „Prolegomena zu einer Philosophie der Zukunft“ in NL 1884,
KSA 11, 25[5OO], 149,19. Auch die personifizierte Variante gibt es in Titelentwür-
fen: „Die Philosophen der Zukunft“ (NL 1884, KSA 11, 26[426], 265, 9,
vgl. NL 1885, KSA 11, 34[1], 423, 14f., entspricht KGW IX 1, N VII 1, 194 u. 187;
NL 1885, KSA 11, 40[45], 652, 6, entspricht KGW IX 4, W I 7, 50). Als Untertitel
wird das „Vorspiel einer Philosophie der Zukunft“ in NL 1885, KSA 11, 35[84],
547,16f. (entspricht KGW IX 4, W13, 4-6) einem nie geschriebenen Buch „Gai
saber44 beigesellt (ähnlich NL 1885, KSA 11, 36[1], 549, If. und NL 1885, KSA
11, 41[1], 669,11, entspricht KGW IX 4, W15, 48,14). „Vorspiel einer Philosophie
der Zukünftigen“ zieht NL 1885, KSA 11, 40[48], 652, 25 (KGW IX 4, W I 7, 51,
11) in Erwägung. In NL 1885/86, KSA 12, 2[53], 86, 20-22 (KGW IX 5, W I 8, 160,
10-14) steht dann endlich der definitive Ober- und Untertitel von JGB. Eine
„Philosophie der Zukunft“ empfand N., wie aus seinem Brief vom 22. 03.1884
an Köselitz hervorgeht, nach der Publikation von Za III als seine Aufgabe:
„nun, nachdem ich soweit mein Stillschweigen gebrochen habe, bin ich zu
»mehr4 verpflichtet, zu irgend einer »Philosophie der Zukunft4 — eingerechnet
»dionysische Tänze4 und »Narren-Bücher4 und anderes Teufelszeug. — Man muß
noch weiterleben!!!“ (KSB 6/KGB III/l, Nr. 495, S. 487, Z. 49-53). Der Un-
tertitel von JGB ist der einzige von N. autorisierte Buchtitel, in dem das Abstrac-
sich aus dieser Praxis selbst speist. Ein Jenseits der Moral kann es demzufolge
nur als Jenseits einer spezifischen Moral geben, eben der „Sklaven-Mo-
ral“, die im Unterschied zur „Herren-Moral“ (JGB 260, KSA 5, 208, 25f.)
mit der Binarität von Gut und Böse operiert. Als N. 1882/83 seine selbstkritische
Aufzeichnung niederschrieb, stand ihm dieses Schema zwar noch nicht vor
Augen. Zweifellos aber schwingt im endgültigen Titel des von N. 1886 veröf-
fentlichten Buches noch immer die Hoffnung mit, es gebe einen Wirklichkeits-
zugang ganz ohne moralische Beimischung, etwa so, wie ihn Zarathustra be-
singt: „alle Dinge sind getauft am Borne der Ewigkeit und jenseits von Gut und
Böse; Gut und Böse selber aber sind nur Zwischenschatten und feuchte Trübsa-
le und Zieh-Wolken.“ (Za III Vor Sonnen-Aufgang, KSA 4, 209, 9-11). Zu recht
unterscheidet Dellinger 2013a, 67 „unterschiedliche Bedeutungsdimensionen
des Topos des Extramoralischen [...]: Einmal erscheint dieses Jenseits4 als Ort
außerhalb der abendländisch-christlichen Moraltradition und einmal als eine
Dimension, die dem ,Werthschätzen4 oder der Moral im weiteren Sinne extern
wäre.“
9, 2 f. Vorspiel einer / Philosophie der Zukunft] Als Titelstichwort ist „Philoso-
phie der Zukunft“ noch ohne „Vorspiel“ erstmals in NL 1883, KSA 10, 14[1],
475, 1 zu belegen und kehrt dann wieder in NL 1884, KSA 11, 25[238], 74, 15;
„Fingerzeige zu einer Philosophie der Zukunft“ folgen in NL 1884, KSA 11,
25[490], 142, 10, „Prolegomena zu einer Philosophie der Zukunft“ in NL 1884,
KSA 11, 25[5OO], 149,19. Auch die personifizierte Variante gibt es in Titelentwür-
fen: „Die Philosophen der Zukunft“ (NL 1884, KSA 11, 26[426], 265, 9,
vgl. NL 1885, KSA 11, 34[1], 423, 14f., entspricht KGW IX 1, N VII 1, 194 u. 187;
NL 1885, KSA 11, 40[45], 652, 6, entspricht KGW IX 4, W I 7, 50). Als Untertitel
wird das „Vorspiel einer Philosophie der Zukunft“ in NL 1885, KSA 11, 35[84],
547,16f. (entspricht KGW IX 4, W13, 4-6) einem nie geschriebenen Buch „Gai
saber44 beigesellt (ähnlich NL 1885, KSA 11, 36[1], 549, If. und NL 1885, KSA
11, 41[1], 669,11, entspricht KGW IX 4, W15, 48,14). „Vorspiel einer Philosophie
der Zukünftigen“ zieht NL 1885, KSA 11, 40[48], 652, 25 (KGW IX 4, W I 7, 51,
11) in Erwägung. In NL 1885/86, KSA 12, 2[53], 86, 20-22 (KGW IX 5, W I 8, 160,
10-14) steht dann endlich der definitive Ober- und Untertitel von JGB. Eine
„Philosophie der Zukunft“ empfand N., wie aus seinem Brief vom 22. 03.1884
an Köselitz hervorgeht, nach der Publikation von Za III als seine Aufgabe:
„nun, nachdem ich soweit mein Stillschweigen gebrochen habe, bin ich zu
»mehr4 verpflichtet, zu irgend einer »Philosophie der Zukunft4 — eingerechnet
»dionysische Tänze4 und »Narren-Bücher4 und anderes Teufelszeug. — Man muß
noch weiterleben!!!“ (KSB 6/KGB III/l, Nr. 495, S. 487, Z. 49-53). Der Un-
tertitel von JGB ist der einzige von N. autorisierte Buchtitel, in dem das Abstrac-