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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0039
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Überblickskommentar 19

sehen im Original (Guyau 1885). Auch Philosophie- und denkgeschichtlich
hielt sich N. auf dem Laufenden (Fischer 1865 u. 1882; Schmidt 1882, Weygoldt
1883).
Naturwissenschaften und Medizin mit Schwerpunkten in der Physiologie,
Psychologie und Biologie, aber auch Physik vermochten N.s Aufmerksamkeit
zu fesseln (Galton 1883, Joly 1883, Nägeli 1884, Richet 1884 u. 1887, Rolph 1884,
Roux 1881, Schmitz-Dumont 1881, Schneider o. J. u. 1882); selbst in die Astrono-
mie machte er gelegentliche Ausflüge (Secchi 1878). Anhaltend fasziniert zeigte
sich N. vom französischen Geistesleben, das er sowohl in belletristischer als
auch in kultur- und literaturkritischer Form rezipierte (z. B. Bourget 1883 u.
1886, Galiani 1882, Sainte-Beuve 1880, Stendhal 1854-1855, Taine 1878b-1880b
u. 1880a).

4 Konzeption und Struktur
Viele Äußerungen N.s zu Jenseits von Gut und Böse kreisen um das Problem,
in welchem Verhältnis diese Schrift zu Also sprach Zarathustra steht. Dieses
Problem lässt sich in der Frage verdichten: Was für ein Buch kann man nach Za
noch schreiben, welche Schreibart ist noch möglich, nachdem der Philosoph
Prophet gespielt hat? Zunächst zeigte N. keine Neigung, zur Form der Abhand-
lung nach Maßgabe der Geburt der Tragödie (GT) oder der Unzeitgemäßen Be-
trachtungen (UB) zurückzukehren; erst die Genealogie der Moral (GM) und spä-
ter Der Antichrist (AC) experimentieren wieder mit der Abhandlungsform - GM
mit der Untergliederung in drei „Abhandlungen“ sogar ausdrücklich.
So suchte N. den Anschluss an seine früheren Aphorismenbücher - neben
FW namentlich MA und M. Als M-Fortsetzung war das neue Werk zunächst
auch konzipiert (vgl. Hofmiller o.J., 63). Im Laufe der Arbeit wandelte sich
freilich sein Charakter. Obwohl es die aphoristische Gestalt beibehielt - in der
finalen Gestalt umfasst es eine Vorrede, knapp 300 durchnummerierte Ab-
schnitte (296 Nummern, jedoch mit gelegentlichen Doppelungen) in neun
Hauptstücken sowie ein Schlussgedicht -, nahm N. doch in Anspruch, für das
Buch, das schließlich Jenseits von Gut und Böse heißen sollte, eine neue Form
gefunden zu haben (EH JGB 2, KSA 6, 351. Heinrich Köselitz wollte hingegen
dezidiert den Anschein erzeugen, es handle sich um ein Aphorismenbuch im
alten Stil: „Der Herausgeber [sc. Köselitz] der dritten und vierten Auflage [sc.
Nietzsche 1894] versah sämmtliche Abschnitte des Werks mit selbsterfundenen
Überschriften, wodurch auch den in zusammenhängender Gedankenentwick-
lung geschriebenen Capiteln der Anschein aphoristischen Charakters gegeben
wurde.“ Nietzsche 1895, Nachbericht, I = GoAK 7,1. Von GoAK an werden diese
 
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