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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0146
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126 Jenseits von Gut und Böse

I 4, 14, 20: „Mißtrauen gegen die modernen Ideen“), GT Versuch einer Selbst-
kritik (vgl. NK KSA 1, 20, 18-20 u. 21, 3-11) und FW 350, 358 sowie 362 an
bis ins Spätwerk umso dramatischer als verachtungswürdiges Feindbild in den
Vordergrund zu drängen. Diese Wiederaufnahme des Themas mag mit der Prä-
senz der „modernen Ideen“ in den von N. damals gelesenen Büchern zu tun
haben (vgl. z. B. Plümacher 1884, 153 u. Renan 1883, 248). Dabei umfasst der
Katalog dieser Ideen nicht nur die Leitbegriffe der Französischen Revolution -
Freiheit, Brüderlichkeit, Gleichheit -, sondern beispielsweise auch die Ideen
der Nation, des Fortschritts, der Frauenemanzipation und der Rasse (vgl. z. B.
die in NK KSA 6, 171, 4f. mitgeteilte Liste aus NL 1888, KSA 13, 16[82], 514,
entspricht KGW IX 9, W II 7, 58). Ein Dutzend Mal werden „moderne Ideen“ in
JGB aufgerufen (neben JGB 10 auch JGB 44, JGB 58, JGB 202, JGB 203, JGB 212,
JGB 222, JGB 242, JGB 251, JGB 253, JGB 260 u. JGB 263). Sie sind ein dominieren-
des Thema dieser Schrift und verkörpern all das, was der „Philosophie der
Zukunft“ entgegensteht. Insofern teilte das in JGB sprechende Ich, so wenig es
zu den alten metaphysischen Ideen und einer Philosophie ohne Leib zurückzu-
kehren bereit war, mit den „nach Leben noch durstigen Denkern“ ein gemein-
sames Anliegen.
23, 29-31 es ist vielleicht ein leichter Überdruss und Hohn eingemischt, der das
bric-ä-brac von Begriffen verschiedenster Abkunft nicht mehr aushält] In zeitge-
nössischen Wörterbüchern wird „bric-ä-brac“ übersetzt als „alte Sachen f/pl.,
Trödlerkram, fig. Anekdotensammlung“ (Sachs 1883, 1, 188). N. lobte im Brief
an die Mutter Franziska vom 10.12.1885 die Ausstattung seines Zimmers in
Nizza: „Nichts darin erinnert an Eleganz, Luxus bric-ä-brac und sonstigen
weiblichen Zubehör“ (KSB 7/KGB III/3, Nr. 652, S. 125, Z. 50 f.). N. ist dem Aus-
druck beispielweise begegnet bei der Lektüre von Jules Lemaitres Petites orien-
tales, einem Band, den er Paul Lanzky gewidmet hat (NPB 347), und der offen-
sichtlich Za IV Unter Töchtern der Wüste, KSA 4, 379-385 inspiriert hat: „Parmi
ces ors et ces haillons, / Ce bric-ä-brac gris de poussiere, / La fille electrique,
aux yeux longs, / Rit comme une jeune sortiere ...“ (Lemaitre 1883,14. Weitere
Belege zum „bric-ä-brac“ in N.s Büchern: Goncourt/Goncourt 1877b, 137; Bau-
delaire 1882, 258. Balzac hat den Ausdruck geliebt, siehe Nietzsche 1991, 61).
23, 31 f. als welches sich heute der sogenannte Positivismus auf den Markt
bringt] Auf den Begründer des Positivismus, Auguste Comte, kam N. häufiger
zu sprechen (vgl. z. B. M 542, KSA 3, 311; JGB 48, KSA 5, 69, 25 f. u. GD Streifzü-
ge eines Unzeitgemässen 4, KSA 6, 113, 16-19); er besaß immerhin dessen Ein-
leitung in die positive Philosophie (Comte 1880), dürfte aber seine Kenntnis (und
seine Ablehnung) eher sekundären Lektüren, wie derjenigen von John Stuart
Mills Abhandlung Auguste Comte und der Positivismus verdankt haben (Mill
 
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