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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0153
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Stellenkommentar JGB 11, KSA 5, S. 24 133

auf, ihm Rede und Antwort zu geben, mit welchem Rechte sie sich denkt: dass
etwas so beschaffen sein könne, daß, wenn es gesetzt ist, dadurch auch etwas
anderes nothwendig gesetzt werden müsse, denn das sagt der Begriff der Ursa-
che. Er bewies unwidersprechlich, dass es der Vernunft gänzlich unmöglich
sei, a priori und aus Begriffen eine solche Verbindung zu denken, denn diese
enthält Nothwendigkeit; es ist aber gar nicht abzusehen, wie darum, weil Et-
was ist, etwas anderes nothwendiger Weise auch sein müsse, und wie sich also
der Begriff von einer solchen Verknüpfung a priori einführen lasse/“ (Lange
1882, 392 f. Bei Kant findet sich das Zitierte in AA IV, 257.) Lange zitiert weiter
aus den Prolegomena: „Diese Deduction, die meinem scharfsinnigen Vorgänger
[sc. Hume] unmöglich schien, die niemand äusser ihm sich auch nur hatte
einfallen lassen, obgleich jedermann sich der Begriffe getrost bediente, ohne
zu fragen, worauf sich denn ihre objektive Gültigkeit gründe, diese, sage ich,
war das Schwerste, das jemals zum Behufe der Metaphysik unternommen wer-
den konnte, und was noch das Schlimmste dabei ist, so konnte mir Metaphy-
sik, soviel davon nur irgendwo vorhanden ist, hierbei auch nicht die mindeste
Hilfe leisten, weil jene Deduction zuerst die Möglichkeit einer Metaphysik aus-
machen soll“ (Lange 1882, 396; AA IV, 260. Richtig notierte Karl Jaspers des-
halb zu N.s „Tafel in den Händen“ am Rand von JGB 11: „die Deduktion, nicht
die Tafel“ - Nietzsche 1923, 20). Es trifft gewiss zu, wie Loukidelis 2007a, 387 f.,
Fn. 6 unter Hinweis auf NL 1885, KSA 11, 34[99], 453 (zitiert in NK 23, 33-24, 1)
bemerkt, dass N. zur Zeit der Niederschrift der oben zitierten Aufzeichnungen
in Langes Geschichte des Materialismus gelesen hat (vgl. auch Salaquarda 1978,
240). Allerdings werden die beiden Stellen aus Kants Prolegomena in der zeit-
genössischen Literatur häufig in extenso wiedergegeben, so in Kuno Fischers
Geschichte der neuern Philosophie (Fischer 1882, 3, 270-272). Die zweite Stelle
findet sich zudem in Heinrich Romundts Grundlegung zur Reform der Philoso-
phie (Romundt 1885, 66), also in einem Werk, aus dem N. ein Zitat aus der
Kritik der reinen Vernunft samt Zitatnachweis direkt in die Vorrede zur Neuauf-
lage der Morgenröthe übernahm (vgl. NK KSA 3, 14, 1-6). Auch die Kant-Kritik
von Drossbach 1884, 7f. wurde von N. zustimmend glossiert (vgl. Schmidt
1988, 469).
Die Fortsetzung der Überlegung in JGB 11 ist ebenfalls im Nachlass präfor-
miert: ,„Wie sind synthetische Urtheile a priori möglich?4 — ,durch ein Ver-
mögen dazu4 war die berühmte Kantische Antwort, welche Vielen solche
Genugthuung gegeben hat.“ (NL 1885, KSA 11, 34[62], 439, entspricht KGWIX 1,
N VII 1, 155.) Dabei dominiert die ironische Perspektivierung: „Wie kommt es
doch, daß die Weiber ihre Kinder lebendig gebären? Ich meinte immer, die
armen Thiere müßten, bei der geringen Beschaffenheit ihrer Widerstands-Kräf-
te, erstickt zur Welt kommen. Die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, wie
 
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