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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0183
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Stellenkommentar JGB 15, KSA 5, S. 28-29 163

die prominente Vertreter der damaligen Naturwissenschaft propagierten. Na-
mentlich die Ignoramus, Ignorabimus-Position von Emil Du Bois-Reymond
stand N. vor Augen (vgl. Heit 2012, 18 f.); er besaß eine Druckfassung des be-
rühmten Vortrags Über die Grenzen des Naturerkennens, der mit den Worten
endet: „Gegenüber den Räthseln der Körperwelt ist der Naturforscher längst
gewöhnt, mit männlicher Entsagung sein,Ignoramus' auszusprechen. Im Rück-
blick auf die durchlaufene siegreiche Bahn trägt ihn dabei das stille Bewußt-
sein, dass, wo er jetzt nicht weiß, er wenigstens unter Umständen wissen könn-
te, und dereinst vielleicht wissen wird. Gegenüber dem Räthsel aber, was Mate-
rie und Kraft seien, und wie sie zu denken vermögen, muß er ein für allemal
zu dem viel schwerer abzugebenden Wahrspruch sich entschliessen: Jgnorabi-
mus‘.“ (Du Bois-Reymond 1884, 46). Zur Antiteleologie siehe NK ÜK JGB 12.
28, TI insgleichen die Darwinisten] In seinen veröffentlichten Reflexionen zum
Darwinismus und zu Charles Darwin (vgl. JGB 253, KSA 5, 196, 28 u. 197, 12,
v. a. auch GD Streifzüge eines Unzeitgemässen 14, KSA 6, 120 f.) lässt N. ge-
wöhnlich seine Sprecherinstanzen schroff ablehnend auftreten. Dennoch ent-
standen seine Überlegungen beispielsweise zur kriegerischen Natur des Lebens
und zum Willen zur Macht in steter Auseinandersetzung mit darwinistischen
Positionen, ohne sich von diesen immer so deutlich zu unterscheiden wie N.s
Sprecher vorgaben (vgl. Sommer 2010b). Die affirmativen naturphilosophi-
schen Ansätze im Werk N.s werden von manchen Interpreten als eine Fortent-
wicklung Darwins auf Darwinischer Grundlage verstanden (Richardson 2004).

15.
29, 5-16 Um Physiologie mit gutem Gewissen zu treiben, muss man darauf hal-
ten, dass die Sinnesorgane nicht Erscheinungen sind im Sinne der idealistischen
Philosophie: als solche könnten sie ja keine Ursachen sein! Sensualismus mindes-
tens somit als regulative Hypothese, um nicht zu sagen als heuristisches Prin-
cip. — Wie? und Andere sagen gar, die Aussenwelt wäre das Werk unsrer Organe?
Aber dann wäre ja unser Leib, als ein Stück dieser Aussenwelt, das Werk unsrer
Organe! Aber dann wären ja unsre Organe selbst — das Werk unsrer Organe!
Dies ist, wie mir scheint, eine gründliche reductio ad absurdum: gesetzt, dass der
Begriff causa sui etwas gründlich Absurdes ist. Folglich ist die Aussenwelt nicht
das Werk unsrer Organe — ?] KSA 14, 350 teilt dazu die folgende Vorstufe mit:
„Um Physiologie zu treiben, muß man glauben, daß die Sinnesorgane nicht
Erscheinungen bloß sind: als solche könnten sie ja nicht Ursachen sein. Also:
Sensualismus als regulative Hypothese: wie wir sie im Leben haben. Kein
Mensch hält ein Beefsteak für eine Erscheinung.“ (Zur Bedeutung des Beef-
 
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