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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0196
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176 Jenseits von Gut und Böse

Schnitts auch Ausblicke auf die Rezeptionsgeschichte gibt, namentlich im Blick
auf den „Es“-Begriff bei Sigmund Freud und die jüngste „Philosophie des Geis-
tes“ (Loukidelis 2013, 20-22). Eine direkte Vorarbeit zu JGB 17 findet sich in
KGWIX 4, W17, 55, 2-24, die in drucktypographisch normalisierter Transkripti-
on lautet: „Was den Aberglauben der Logiker betrifft: so will ich nur eine kleine
kurze Thatsache unterstreichen, welche von diesen Abergläubischen ungern
zugestanden rwnxT werden muß: nämlich daß ein Gedanke kommt, wenn
ru weil'1 er ,will‘, und nicht wann ru weil’1 ich will: so daß res'' immer nur eine
rbereits eine'' wohlwollende Fälschung r(so wie immer dieses schon eine Ausle-
gung des Vorgangs u. nicht der Vorgang selber ist)"1 ist zu sagen, daß das Sub-
jekt ,ich‘ die Bedingung des Prädikats ,denke4 sei. ,Es‘ denkt: aber daß dies
,Es‘ [jenes berühmte) Ich sei, ist eine Annahme, jedenfalls keine »unmittelbare
Gewißheit4. Zuletzt ''jenes'' ist schon jenes renthält schon jenes-1 ,Es4 ein Zuviel:
es enthält eine Auslegung des Vorgangs nach der Philos. der Grammatik »den-
ken ist eine Thätigkeit, zu jeder Thätigkeit gehört einer, der thätig ist, folg-
lich[4] - Ungefähr nach der gleichen Logik suchten die ''gröberen'' Atomistiker
noch zu der Kraft ein kleines Klümpchen Materie, worin sie sitzt, raus der he-
raus sie wirkt"1: feinere [u. strengere) Köpfe kommen '"lernten"' ohne
diersen’’diesen Materie r,Erdenrest4"' ausrzukommen - gewöhnt man sich eines
Tages daran, auch seitens der Logiker, ohne jenes es kleine ,es4 (zu dem sich
das »Ich4 verflüchtigt hat) auszukommen'', und vielleicht genügt '"ihnen"' auch
'"schon"' ,Thätig-sein4 (also »Kraft4) ohne jenes ,es4 an welches die Grammatiker
rheute noch die Logiker"1 glauben.“ „Grammatiker“, „Logiker“ und schließlich
in NL 1885, KSA 11, 35[35], 526 (KGW IX 4, W I 3, 108f.) auch „Metaphysiker“
können offenbar als Synonyme dienen, wenn es um den „Aberglauben“ an
ein Subjekt hinter dem Prädikat des reinen Tuns, der „Kraft“ geht (vgl. dazu
Loukidelis 2004, 224, Fn. 4). Die Kritik an der Grammatik, am cartesianischen
Subjektbegriff und an der unmittelbaren Gewissheit wird auch in NL 1885, KSA
11, 40[20]-[25], 637-641 (KGW IX 4, W I 7, 68 f. u. 66 f. u. 64) entfaltet.
30, 31-31, 5 Was den Aberglauben der Logiker betrifft: so will ich nicht müde
werden, eine kleine kurze Thatsache immer wieder zu unterstreichen, welche von
diesen Abergläubischen ungern zugestanden wird, — nämlich, dass ein Gedanke
kommt, wenn „er“ will, und nicht wenn „ich“ will; so dass es eine Fälschung
des Thatbestandes ist, zu sagen: das Subjekt „ich“ ist die Bedingung des Prädi-
kats „denke“.] Der fragliche „Aberglaube[.] der Logiker“ besteht zunächst of-
fenbar in der Überzeugung, dass ein Ich der Verursacher oder die Ursache ei-
nes Gedankens sei, wohingegen JGB 17 dafürhält, das Erscheinen eines Gedan-
kens hänge nicht vom Wollen eines Ich ab. Als „Logiker“ kommen in JGB 17
nach den Analysen von D’Iorio 1993 und Loukidelis 2013, 39-53 namentlich
Spir (1879), Teichmüller (1882 - dazu Teichmüller 2014, 1, 400), Drossbach
 
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