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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0414
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394 Jenseits von Gut und Böse

N. dann aber für die Druckfassung auf die ursprüngliche Version zurück. Eine
ähnliche Überlegung markierte N. später bei Guyau 1885 (Guyau 1909, 281).
Im inneren Dialog von Gedächtnis und Stolz behält der Stolz die Oberhand,
so dass sich Gewissensbisse über das Getane verflüchtigen müssen, um ein
kohärentes Selbstbild aufrechtzuerhalten. In GD Sprüche und Pfeile 10 wird
demgegenüber unbedingte Redlichkeit gegenüber den eigenen einstigen Hand-
lungen eingefordert, auch dahingehend, dass Reue („Gewissensbisse“) als
„unanständig“ zu gelten habe, vgl. NK KSA 6, 60,14-16. JGB 68 stellt hingegen
diese Redlichkeit als problematisch dar - der „Stolz“ erzwingt Feigheit gegen-
über den eigenen vergangenen Taten.
JGB 68 ist das initiale N.-Zitat in den Werken Sigmund Freuds, das dieser
von einem Patienten, dem berühmten „Rattenmann“, während der Analyse zu-
gespielt bekommen haben soll (Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneuro-
se, 1909; vgl. zur labyrinthischen Geschichte dieses N.-Zitats bei Freud ausführ-
lich Gasser 1997, 41-46). Auch für Grundsatzerörterungen zum Thema des Ver-
gessens - nicht nur bei N. - wird es regelmäßig herangezogen (vgl. z. B. Jaspers
1981, 135; Rüsen 2001, 224 u. Weinrich 2005, 267 f.).

69.
86, 9 f. Man hat schlecht dem Leben zugeschaut, wenn man nicht auch die Hand
gesehn hat, die auf eine schonende Weise — tödtet.] Eine Vorfassung findet sich
in NL 1882, KSA 10, 3[1]229, 80, 9-11: „Man hat schlecht dem Leben zugeschaut
[korrigiert aus: zugesehn, KGW VII 4/1, 81], wenn man noch nicht die Hand
gesehen hat, die auf eine schonende Weise - tödten wollte [korrigiert aus:
tödten möchte, KGW VII 4/1, 81].“ Wie bei JGB 68 gibt es Variationen des
Gedankens in NL 1884/85, KSA 11, 31 [53], 387, 1-2 und in NL 1884/85, KSA 11,
32[9], 405, 1-2, wo es die „Wissen- und Gewissenhaften“ sind, die mit „scho-
nender Hand - tödten“. Analog zu JGB 68 benutzte N. für die Druckfassung
die ältere Fassung in NL 1882, KSA 10, 3[1]229.

70.
86,12 f. Hat man Charakter, so hat man auch sein typisches Erlebniss, das im-
mer wiederkommt.] Der Text entspricht der Fassung in NL 1882, KSA 10, 3[1]258,
84, 3f. KGW VII 4/1, 84 f. teilt noch weitere, von N. durchgestrichene Ansätze
mit: „(1) Die Consequenz meiner Natur zeigt sich darin, daß ich das Ereigniß
meines Lebens (2) Daß man einen Charakter hat, kann m(an} ergiebt sich bei
der Beobachtung, daß man ein und dasselbe Erlebniß immer wieder erlebt, bei
 
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