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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0426
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406 Jenseits von Gut und Böse

d. h. von ihren Instinkten abgeirrte Frauen, die in GM III14 behandelt werden,
müssen demnach offenbar ihre Ohnmacht kompensieren, die aus dem Verlust
»natürlicher4 weiblicher Verführungreize resultiert. Man wird schwerlich be-
haupten können, das sei eine besonders tiefsinnige Analyse der Geschlechter-
verhältnisse. Vgl. NK 97, 15 f. u. NK KSA 6, 274, 8-10.

85.
89, 2-4 Die gleichen Affekte sind bei Mann und Weib doch im Tempo verschie-
den: deshalb hören Mann und Weib nicht auf, sich misszuverstehn.] Ausführliche
Vorüberlegungen zu weiblichen (im Unterschied zu männlichen) Affekten und
auch ihrem Tempo stellte N. (zusammen mit Lou von Salome) in den Tauten-
burger Aufzeichnungen an (NL 1882, KSA 10, l[50], 24 f. u. 1[111], 41 f.). Eine in
der Formulierung bereits sehr ähnliche Version zu JGB 85 gibt es in NL 1882,
KSA 10, 3[1]23, 56, 14-16, zu der KGW VII 4/1, 61 noch eine Vorstufe aus Z 11,
49 mitteilt: „Das, was dem Manne am Weibe immer unverständlich bleibt, liegt
daranin, daß die weiblichen Affekte rhaben'' ein anderes Tempo haben als die
männlichen: und die Weiber lieben das männliche Tempo,-“. Variiert
kehrt der Gedanke dann wieder in NL 1883, KSA 10, 22[3], 620, 24-26: „Wann
werden Mann und Weib aufhören, sich mißzuverstehen? Ihre Leidenschaften
gehen einen verschiedenen Schritt, — sie messen die Zeit nach anderem
Maße.“ Für die Druckfassung griff N. dann aber wieder auf die ursprüngliche
Fassung 3[1]23 zurück und ließ auch das in der Vorstufe KGW VII 4/1, 61 den
Frauen unterstellte Interesse an Männern gerade wegen ihrer anderen Affekt-
geschwindigkeit beiseite.

86.
89, 6-8 Die Weiber selber haben im Hintergründe aller persönlichen Eitelkeit
immer noch ihre unpersönliche Verachtung — für „das Weib“.] In der Tautenbur-
ger Aufzeichnung für Lou von Salome war das Subjekt dieser Sentenz gerade
das andere Geschlecht: „Der Mann hat im Hintergründe aller seiner Empfin-
dungen für ein Weib immer noch die Verachtung für das weibliche Ge-
schlecht.“ (NL 1882, KSA 10,1[47], 23, 22-24) Die Fassung von NL 1882, KSA 10,
3[l]20, 56, 3-4 hat den Subjektwechsel bereits vollzogen: „Die Weiber haben
im Hintergründe alles ihres Ehrgeizes als Weiber immer noch die Verachtung
für ,das Weib‘.“ Die dazu in KGW VII 4/1, 61 vermerkte „erste Fassung“ ist
hingegen identisch mit 1[47], so dass also der Subjektwechsel bei der Bearbei-
tung des Notizheftes 3[1] = Z11 erfolgt sein muss. Diesen Wechsel quasi perfor-
 
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