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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0476
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456 Jenseits von Gut und Böse

aus Emile Gebharts Les origines de la Renaissance en Italie, wo es heißt: „Dans
la realite bourgeoise et populaire, dont les conteurs des Cento Novelle antiche
et Sacchetti sont les peintres exacts, le röle des femmes est fort mediocre, mais
la societe decrite par ces ecrivains est, beaucoup moins que celle du Decame-
ron, dans le courant de la Renaissance. Les femmes qui y trompent leurs maris
avec le plus de decision sont des filles nobles epousees par des marchands.
Ceux-ci, personnages assez grossiers, emploient un laid proverbe: Buona fem-
mina e mala femmina vuol bastone. (Sacchetti, Nov. 86.) Les femmes se ven-
gent de leur brutalite et n’ont point fort tout ä fait. Nous sommes bien loin ici
des amorose donne de Boccace et de toute civilisation superieure“ (Gebhart
1879, 269, Fn. 1, Nachweis bei Brobjer 1998, 357, vgl. Campioni 2009, 226, Fn.
125. „In der Wirklichkeit der Bürger und des Volkes, von der die Erzähler der
Cento Novelle antiche und Sacchetti genaue Maler sind, ist die Rolle der Frauen
sehr mittelmäßig, aber die von diesen Schriftstellern beschriebene Gesellschaft
ist viel weniger als die des Decamerone im Trend der Renaissance. Die Frauen,
die dort ihre Männer mit Entschiedenheit betrügen, sind vornehme, von Kauf-
leuten geheiratete Mädchen. Diese ziemlich groben Personen wenden ein häss-
liches Sprichwort an: Buona femmina e mala femmina vuol bastone. (Sacchet-
ti, Nov. 86) Die Frauen rächen sich für ihre Brutalität und haben gar nicht
Unrecht. Wir sind hier ziemlich weit entfernt von den amorose donne des Boc-
cacio und von aller höheren Kultur“).
148.
99, 2-4 Den Nächsten zu einer guten Meinung verführen und hinterdrein an die-
se Meinung des Nächsten gläubig glauben: wer thut es in diesem Kunststück den
Weibern gleich? —] In den Tautenburger Aufzeichnungen wurde der Gedanke
zunächst wie folgt gefasst: „Die Verführung der Anderen zur guten Meinung
über uns, und das Sich-Beugen vor dieser Meinung als einer Autorität.“ (NL
1882, KSA 10, l[5O]5, 24, 19-21) Sprachlich schon näher an JGB 148 rückt NL
1882, KSA 10, 1[111]8, 41, 21-23: „In wiefern das Weib die Anderen zur guten
Meinung über sich verführt und trotzdem sich dann vor dieser Meinung
beugt (als vor einer Autorität)“. In einer weiteren Version heißt es: „Es ist Wei-
ber-Art, seine Nächsten zu einer guten Meinung über sich zu verführen und
dann an diese Meinung wie an eine Autorität zu glauben“ (NL 1882, KSA
10, 3[1]16, 55, 19-21). Zum Motiv vgl. NK 214, 6-18.

149.
99, 6-8 Was eine Zeit als böse empfindet, ist gewöhnlich ein unzeitgemässer
Nachschlag dessen, was ehemals als gut empfunden wurde, — der Atavismus
 
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