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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0530
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510 Jenseits von Gut und Böse

digkeit der Maxime [...], diesem Gesetze gemäß zu sein“, während „das Gesetz
[...] keine Bedingung enthält, auf die es eingeschränkt“ ist (AA IV, 420). Drit-
tens schließlich widerspricht der angebliche „moralische Imperativ der Natur“
auch der Selbstzweckformel des Kategorischen Imperativs: „Handle so, dass
du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden ande-
ren jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ (AA IV, 429)
Die Natur als persona agens der Geschichte erkennt die individuelle Person
gerade nicht als Selbstzweck an. Dezidiert stellt der hier zu kommentierende
Passus im Namen der Natur den Menschen unter die Tiere zurück, und zwar
unter die zähmungsbedürftigen Tiere. Freilich dürfte er als noch nicht festge-
stelltes Tier (vgl. NK 81, 20-23) jeder Formung zugänglich sein. Vgl. auch NK
ÜK JGB 207; NK ÜK JGB 265 u. NK 227, 10-13.
189.
Eine ältere Fassung dieses Abschnitts ist enthalten in KGW IX 5, W I 8, 275,
18-44 u. 276, 8-2 (sic).
110, 13-18 Die arbeitsamen Rassen finden eine grosse Beschwerde darin, den
Müssiggang zu ertragen: es war ein Meisterstück des englischen Instinktes,
den Sonntag in dem Maasse zu heiligen und zu langweiligen, dass der Engländer
dabei wieder unvermerkt nach seinem Wochen- und Werktage lüstern wird: —
als eine Art klug erfundenen, klug eingeschalteten Fastens] Dass besonders
die englischen Puritaner den Sonntag heiligten, thematisiert auch NL 1880,
KSA 9, 1[73], 22, 25-28 - eine Aufzeichnung, die u. a. aus Taine 1878b-1880b, 1,
604 schöpft (vgl. NK 80, 12-24 u. zur englischen Sonntagsheiligung M 328,
KSA 3, 233, 7f. u. NL 1884, KSA 11, 25[374], 110, 5-7). Über die Abnahme der
Sonntagsheiligung im England des 18. Jahrhunderts konnte sich N. in Leckys
Entstehungsgeschichte und Charakteristik des Methodismus kundig machen (Le-
cky 1880,13-16). Die Methodisten versuchten gegenzusteuern und übten stren-
ge Fastenpraktiken, die allgemein Misstrauen erregten (vgl. ebd., 65).
110, 21-30 Es muss Fasten von vielerlei Art geben; und überall, wo mächtige
Triebe und Gewohnheiten herrschen, haben die Gesetzgeber dafür zu sorgen,
Schalttage einzuschieben, an denen solch ein Trieb in Ketten gelegt wird und
wieder einmal hungern lernt. Von einem höheren Orte aus gesehn, erscheinen
ganze Geschlechter und Zeitalter, wenn sie mit irgend einem moralischen Fana-
tismus behaftet auftreten, als solche eingelegte Zwangs- und Fastenzeiten, wäh-
rend welchen ein Trieb sich ducken und niederwerfen, aber auch sich reinigen
und schärfen lernt] Während JGB 189 die Vorteile asketischer Praktiken -
des ,,Fasten[s] von vielerlei Art“ - in der dadurch ermöglichten Fokussierungs-
 
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