Metadaten

Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0545
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Stellenkommentar JGB 195, KSA 5, S. 115-117 525

bei N. ihre verschiedenen Kristallisationsformen gleichberechtigt nebeneinan-
der stehen - jedoch auch stets als Ausdruck eines spezifischen Willens zum
Besitz.
116, 2 Cagliostro- und Catilina-Künste] Der italienische Abenteuerer und Alchi-
mist Alessandro Graf von Cagliostro, eigentlich Giuseppe Baisamo (1743-1795),
figuriert in N.s Spätwerk als Inbegriff des verführerischen Hochstaplers; ent-
sprechend kann auch Richard Wagner als Cagliostro erscheinen (vgl. z. B. NK
KSA 6, 23, 4-7). Der römische Verschwörer Lucius Sergius Catilina (108-62
v. Chr.) gilt als Inbegriff des ruchlosen Aufrührers und Jugend-Verführers; N.
stand ihm durchaus mit einer gewissen Faszination gegenüber, vgl. NK KSA 6,
148, 10-14.
116, 22-24 Ja, ehemals schien es den Vätern billig, über Leben und Tod des
Neugebornen (wie unter den alten Deutschen) nach Gutdünken zu verfügen.] Vgl.
NL 1883, KSA 10, 8[8], 329, 30-330, 3: „Altgermanisch: das Kind liegt auf dem
Boden, bis der Vater erklärt, ob er es leben lassen will oder nicht. Hebt er
es nicht auf, so wird es ausgesetzt — ganz wie bei den Fidschi-insulanern“.
Stingelin 1991, 422 hat die Quelle dieser Passage namhaft gemacht, nämlich
Albert Hermann Posts Bausteine für eine allgemeine Rechtswissenschaft aufver-
gleichend-ethnologischer Basis: „Bei den Tupis bedurfte es für den Neugebore-
nen von Seiten des Familienhauptes oder eines seiner Freunde einer besonde-
ren Anerkennung, die dadurch kundgegeben wurde, dass man ihn vom Boden
aufhob. Ganz ebenso liegt nach altgermanischem Rechte das Neugeborene auf
dem Boden, bis sich der Vater erklärt, ob er es leben lassen will oder nicht. Im
ersten Falle hebt er das Kind vom Boden auf. Hob er es nicht vom Boden auf,
so wurde dasselbe ausgesetzt. Auch bei den Fidschiinsulanern findet sich die-
selbe Aufhebung des Kindes vom Boden, durch welche ihm erst das Recht auf
das Leben gegeben wird.“ (Post 1880-1881, 2, 121) Zu N.s Rezeption von Post
siehe auch Emden 2010, 263-265.
195.
116, 29-117, 9 Die Juden — ein Volk „geboren zur Sklaverei“, wie Tacitus und
die ganze antike Welt sagt, „das auserwählte Volk unter den Völkern“, wie sie
selbst sagen und glauben — die Juden haben jenes Wunderstück von Umkehrung
der Werthe zu Stande gebracht, Dank welchem das Leben auf der Erde für ein
Paar Jahrtausende einen neuen und gefährlichen Reiz erhalten hat: — ihre Pro-
pheten haben „reich“ „gottlos“ „böse“ „gewaltthätig“ „sinnlich“ in Eins ge-
schmolzen und zum ersten Male das Wort „Welt“ zum Schandwort gemünzt. In
dieser Umkehrung der Werthe (zu der es gehört, das Wort für „Arm“ als synonym
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften