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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0558
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538 Jenseits von Gut und Böse

but he accepts their common determination as an authority binding on his
conscience. / An incapacity of relying on oneself and a faith in others are pre-
cisely the conditions that compel brutes to congregate and live in herds; and,
again, it is essential to their safety in a country infested by large carnivora,
that they should keep closely together in herds.“ (Galton 1883, 73 f.) Galton litt
an der Richtungslosigkeit der Menschheitsentwicklung, die bei N. beklagt
wird: „The influence of man upon the nature of his own race has already been
very large, but it has not been intelligently directed, and has in many instances
done great harm.“ (Ebd., 308) Und auch Galton setzte auf eugenische Maßnah-
men, um den Gang der Geschichte zu beeinflussen - in seinem Falle freilich
abzweckend auf das bei N. attackierte größtmögliche Glück der größtmögli-
chen Zahl.
N.s Galton-Rezeption ist von seinen früheren Mill- und Spencer-Lektüren
grundiert. Gerade Spencer hat in seinen Thatsachen der Ethik das tiefwurzeln-
de Gehorsamsbedürfnis der Menschen detailliert beleuchtet (Spencer 1879,
130 f. u. ö., dazu Fornari 2009, 156-164). Wie von Galton werden in N.s Schrif-
ten von Spencer zwar manche empirischen Befunde übernommen und ebenso
das Ansinnen adaptiert, den Gang der Geschichte zu beeinflussen, jedoch sind
die praktischen Schlussfolgerungen dem utilitaristischen Kalkül diametral ent-
gegengesetzt.
Jensen 2013a, 194 f. zieht JGB 199 als exemplarisch für die als „Naturge-
schichte der Moral“ im Fünften Hauptstück betriebene Form der Historiogra-
phie heran. N.s Kritik an der Herdenmoral hänge ab von einer „realist historio-
graphical attribution of naturalist causes for a typological phenomenon found
in the present“ (Jensen 2013a, 195). Dass die in der Narration von JGB 199 unter-
stellten, historischen Tatsachenbehauptungen etwa über das Überhandneh-
men des Gehorsamsbedürfnisses auf einem sehr dünnen empirischen Befund
aufruhen, der schwerlich die normativen Folgerungen deckt, braucht nicht ei-
gens betont zu werden.
119, 12f. eine Art formalen Gewissens] Der Begriff der „conscience for-
melle“ kommt gelegentlich in der zeitgenössischen französischen Literatur vor
(z. B. bei Secretan 1882, 297).
120, 15-22 Welche Wohlthat, welche Erlösung von einem unerträglich werden-
den Druck trotz Alledem das Erscheinen eines unbedingt Befehlenden für diese
Heerdenthier-Europäer ist, dafür gab die Wirkung, welche das Erscheinen Napo-
leon’s machte, das letzte grosse Zeugniss: — die Geschichte der Wirkung Napole-
on’s ist beinahe die Geschichte des höheren Glücks, zu dem es dieses ganze Jahr-
hundert in seinen werthvollsten Menschen und Augenblicken gebracht hat.] In
der gestrichenen Vorarbeit KGWIX 4, WI 6, 75, 8-22 heißt es stattdessen: „Wei-
 
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