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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0594
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574 Jenseits von Gut und Böse

den im französischen Gesundheitswesen als nebenwirkungsarmes Allheilmittel
(Combes 1869, 357).
Ein „Pessimismus bonae voluntatis“ ist ein „Pessimismus guten Willens“.
In der Vulgata-Fassung von Lukas 2, 14 (vgl. NK 125, 1-126, 3 u. NK 153, 31)
heißt es: „in terra pax hominibus bonae voluntatis“ („Frieden auf Erden den
Menschen guten Willens“).
137, 19-29 und Hamlet selbst wird heute von den Ärzten der Zeit gegen den
„Geist“ und sein Rumoren unter dem Boden verordnet. „Hat man denn nicht alle
Ohren schon voll von schlimmen Geräuschen? sagt der Skeptiker, als ein Freund
der Ruhe und beinahe als eine Art von Sicherheits-Polizei: dies unterirdische Nein
ist fürchterlich! Stille endlich, ihr pessimistischen Maulwürfe!“ Der Skeptiker
nämlich, dieses zärtliche Geschöpf, erschrickt allzuleicht; sein Gewissen ist da-
raufeingeschult, bei jedem Nein, ja schon bei einem entschlossenen harten Ja zu
zucken und etwas wie einen Biss zu spüren.] Vgl. die Vorarbeit in KGW IX 4, W I
6, 52,1-14. In Bourgets Nouveaux essais de Psychologie contemporaine erscheint
Shakespeares Hamlet-Figur als exemplarischer „prince reveur“ (Bourget 1886,
22), der die „Psychologie des crises“ (ebd., 21) zu erschließen hilft. Im Essay
über Turgenew bemerkt Bourget, „l’Hamlet de Shakespeare peut etre considere
comme le type /23O/ d’un drame pessimiste“ (ebd., 229 f. - „der Hamlet von
Shakespeare kann als Typus des pessimistischen Dramas betrachtet werden“).
Der Amiel, diesem „Hamlet Protestant“ (ebd., 255) gewidmete Essay operiert
mit einem ausgedehnten Vergleich zwischen dem dänischen Prinzen und dem
schweizerischen Philosophen, die beide gleichermaßen düsteren Träumen ver-
fallen sind (ebd., 291-295).
Die Rede von den pessimistischen Maulwürfen, die suggeriert, diese wür-
den - beinahe blind - alle Ordnung untergraben, spielt auf eine Analogie
Schopenhauers in den Parerga I (Aphorismen zur Lebensweisheit: Kapitel V:
Paränesen und Maximen 17) an, die auch von David Friedrich Strauß in seinem
(von N. attackierten) Alten und neuen Glauben zitiert wird (Strauß 1872, 219.
Von N. mit Randstrich markiert): „Sich zu mühen und mit dem Widerstande
zu kämpfen ist dem Menschen Bedürfniß, wie dem Maulwurf das Graben. Der
Stillstand, den die Allgenugsamkeit eines bleibenden Genusses herbeiführte,
wäre ihm unerträglich.“ (Schopenhauer 1873-1874, 5, 467) Vgl. zur Deutung
der Metapher im Blick auf Eduard von Hartmann auch Weyembergh 1977, 79.
137, 31 f. indem er mit Montaigne spricht: „was weiss ich?“] Michel de Mon-
taigne wählte die Frage „Que sgay-je?“, „Was weiß ich?“ als Motto und versinn-
bildlichte sie mit der Darstellung einer Waage, deren Waagschalen im Gleich-
gewicht sind (vgl. die Apologie de Raimond Sebond in Buch II, Kapitel 12 von
 
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