Stellenkommentar JGB 209, KSA 5, S. 140 583
Männlichkeit rdes Geistes-1, welche zuletzt doch mehr bedeutete als stramme
Gliedmaaßen, hohe Gestalt und alles, was 'nur-' grenadiermäßig=männlich ist.
Zu dieser muthigen Scepsis gehört das Beste, was Deutschland an geistigen
Führern und Abenteurern seitdem hervorgebracht hat; und der überwiegende
Einfluß, den Deutschland seinen Kritikern, Philologen und Historikern rin Eu-
ropa-1 verdankt, hängt an jenem nicht ungefährlichen Elemente der muthigen
Scepsis und des reines gewissen-1 geistigen »Militarismus4 rund »Fridericianis-
mus4-1. Die schöne verwegene Rasse der Lessing, Herder, Kant, Friedrich August
Wolf, Niebuhr, und wie alle diese Tapferen heißen, gehören unter die Merkma-
le der wieder reiner neu-1 erwachenden ''deutschen-1 Männlichkeit und Mann-
haftigkeit, zu der die Soldaten Friedrich des Großen das physiologische Vor-
spiel abgeben: rja es sind Merkmale einer neuen Rasse, welche langsam her-
vorkommt u stark wird.-1 Inzwischen erhielt sich rauch-1 der geschwächte und
verkümmerte Typus des älteren Deutschen Tort, ja er überwog von Zeit zu Zeit
wieder-1, —er besteht heute noch; und das Ausland rstand oft zweifelnd da
und-1 wußte oft nicht, nach welchem Maaße man ,die Deutschen4 messen sollte
r(- diesem Zweifeln und Zögern verdankt vielleicht das jetzige Deutschland
einen großen Theil seiner plötzlichen Erfolge.)-1. Was man sich Jahrhunderte
lang zum Beispiel unter einem »deutschen Gelehrten4 u »Dichter4 im Ausland
vorgestellt hatte - und mit dem allerbesten Recht dazu -, das giebt jenes merk-
würdige ''erstaunte-1 Wort Napoleons zu erkennen, das er beim Anblick Goethes
sprach - man nimmt es immer nicht tief genug. »Voilä un homme4 - das will
sagen: ,das ist ja ein Mann! ein wirklicher Mann! Und ich hatte nur einen deut-
schen Dichter erwartet!4 -“
Der krankhaften, resignativen Skepsis, die laut JGB 208 die Gegenwart be-
stimmt, stellt JGB 209 die mögliche „Entwicklung einer anderen und stärkeren
Art von Skepsis44 (140, 16 f.) entgegen, der „das neue kriegerische Zeitalter, in
welches wir Europäer ersichtlich eingetreten sind“ (140, 15 f.), förderlich sein
könne. „Inwiefern“ ein solches kriegerisches Zeitalter tatsächlich eine solche,
andere Skepsis begünstigen werde, will das sprechende „Ich“ freilich „nur
durch ein Gleichniss ausdrücken“ (140, 18 f.), wobei dieses Gleichnis die Ge-
schichte von Friedrich II. von Preußen (1712-1786) ist, dessen Vater Friedrich
Wilhelm I. (1688-1740), der »Soldatenkönig4, mit Recht gesehen habe, dass in
Deutschland „Männer fehlten“ (140, 31), und zugleich fürchtete, selbst
sein eigener Sohn sei „nicht Manns genug“ (140, 32). Friedrich Wilhelm I. habe
seinen Sohn verdächtigt, unter französischem Einfluss Opfer jener ,,grosse[n]
Blutsaugerin“, der „Spinne Skepsis“ (141, 4) geworden zu sein, während in ihm
tatsächlich eine harte, gefährliche Art der Skepsis gewachsen sei. Erst extremer
Druck scheint jene „Skepsis der verwegenen Männlichkeit“ (141, 11 f.) hervor-
treiben zu können. Erst ein unerbittlicher Gegenwille kann - wie sich das JGB
Männlichkeit rdes Geistes-1, welche zuletzt doch mehr bedeutete als stramme
Gliedmaaßen, hohe Gestalt und alles, was 'nur-' grenadiermäßig=männlich ist.
Zu dieser muthigen Scepsis gehört das Beste, was Deutschland an geistigen
Führern und Abenteurern seitdem hervorgebracht hat; und der überwiegende
Einfluß, den Deutschland seinen Kritikern, Philologen und Historikern rin Eu-
ropa-1 verdankt, hängt an jenem nicht ungefährlichen Elemente der muthigen
Scepsis und des reines gewissen-1 geistigen »Militarismus4 rund »Fridericianis-
mus4-1. Die schöne verwegene Rasse der Lessing, Herder, Kant, Friedrich August
Wolf, Niebuhr, und wie alle diese Tapferen heißen, gehören unter die Merkma-
le der wieder reiner neu-1 erwachenden ''deutschen-1 Männlichkeit und Mann-
haftigkeit, zu der die Soldaten Friedrich des Großen das physiologische Vor-
spiel abgeben: rja es sind Merkmale einer neuen Rasse, welche langsam her-
vorkommt u stark wird.-1 Inzwischen erhielt sich rauch-1 der geschwächte und
verkümmerte Typus des älteren Deutschen Tort, ja er überwog von Zeit zu Zeit
wieder-1, —er besteht heute noch; und das Ausland rstand oft zweifelnd da
und-1 wußte oft nicht, nach welchem Maaße man ,die Deutschen4 messen sollte
r(- diesem Zweifeln und Zögern verdankt vielleicht das jetzige Deutschland
einen großen Theil seiner plötzlichen Erfolge.)-1. Was man sich Jahrhunderte
lang zum Beispiel unter einem »deutschen Gelehrten4 u »Dichter4 im Ausland
vorgestellt hatte - und mit dem allerbesten Recht dazu -, das giebt jenes merk-
würdige ''erstaunte-1 Wort Napoleons zu erkennen, das er beim Anblick Goethes
sprach - man nimmt es immer nicht tief genug. »Voilä un homme4 - das will
sagen: ,das ist ja ein Mann! ein wirklicher Mann! Und ich hatte nur einen deut-
schen Dichter erwartet!4 -“
Der krankhaften, resignativen Skepsis, die laut JGB 208 die Gegenwart be-
stimmt, stellt JGB 209 die mögliche „Entwicklung einer anderen und stärkeren
Art von Skepsis44 (140, 16 f.) entgegen, der „das neue kriegerische Zeitalter, in
welches wir Europäer ersichtlich eingetreten sind“ (140, 15 f.), förderlich sein
könne. „Inwiefern“ ein solches kriegerisches Zeitalter tatsächlich eine solche,
andere Skepsis begünstigen werde, will das sprechende „Ich“ freilich „nur
durch ein Gleichniss ausdrücken“ (140, 18 f.), wobei dieses Gleichnis die Ge-
schichte von Friedrich II. von Preußen (1712-1786) ist, dessen Vater Friedrich
Wilhelm I. (1688-1740), der »Soldatenkönig4, mit Recht gesehen habe, dass in
Deutschland „Männer fehlten“ (140, 31), und zugleich fürchtete, selbst
sein eigener Sohn sei „nicht Manns genug“ (140, 32). Friedrich Wilhelm I. habe
seinen Sohn verdächtigt, unter französischem Einfluss Opfer jener ,,grosse[n]
Blutsaugerin“, der „Spinne Skepsis“ (141, 4) geworden zu sein, während in ihm
tatsächlich eine harte, gefährliche Art der Skepsis gewachsen sei. Erst extremer
Druck scheint jene „Skepsis der verwegenen Männlichkeit“ (141, 11 f.) hervor-
treiben zu können. Erst ein unerbittlicher Gegenwille kann - wie sich das JGB