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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0687
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Stellenkommentar JGB 238, KSA 5, S. 175 6 67

Rechte4 sieh entschieden hatj, darf als verdächtig gelten, rfür'1 in rüberhaupt
für-1 allen Grundfragen rkein'1 zu kurz zu sein u. nicht »hinunter4 zu können.
Ein rMamT Mensch ''hingegen'', der Tiefe hat, auch rjene'1 Tiefe im Wohlwollen
rgegen das Weih'1, welcher der Härte u. Strenge fähig ist, wird über M. u. W.
immer orientalisch denken u das ungeheure Vernunft u Instinkt=Übergewicht
Asiens rüber den »Westen4-1 anerkennen; wie es die 'zbv'1 alten Griechen gethan
haben, ''jene'' die besten u. klügsten Erben |u. SynthesenJ des ralten ganzen-1
Orient’s.44 Bemerkenswert ist an dieser Fassung nicht nur, dass hier der tiefe
„Mensch44 als solcher (statt des „Mannes“) gegenüber dem „Weib“ „orienta-
lisch“ denke, also der Mensch wie selbstverständlich als Mann konzeptualisiert
wird, sondern auch, dass mit John Stuart Mill und Eugen Dühring direkt männ-
liche Antagonisten, nämlich Emanzipationsbefürworter genannt werden.
175, 12-25 Ein Mann hingegen, der Tiefe hat, in seinem Geiste, wie in seinen
Begierden, auch jene Tiefe des Wohlwollens, welche der Strenge und Härte fähig
ist, und leicht mit ihnen verwechselt wird, kann über das Weib immer nur ori-
entalisch denken: er muss das Weib als Besitz, als verschliessbares Eigen-
thum, als etwas zur Dienstbarkeit Vorbestimmtes und in ihr sich Vollendendes
fassen, — er muss sich hierin auf die ungeheure Vernunft Asiens, auf Asiens Ins-
tinkt-Überlegenheit stellen: wie dies ehemals die Griechen gethan haben, diese
besten Erben und Schüler Asiens, welche, wie bekannt, von Homer bis zu den
Zeiten des Perikies, mit zunehmender Cultur und Umfänglichkeit an Kraft,
Schritt für Schritt auch strenger gegen das Weib, kurz orientalischer geworden
sind.] Das possessive Verhältnis des Mannes zur Frau (vgl. auch JGB 237[a])
fasst schon NL 1884, KSA 11, 25[422], 123, 9 zusammen: „Die Weiber unter Vor-
mundschaft. Eigenthum.“ (Vgl. zu diesem Notat NK 172,14-18). Eine gedrängte
und scharfzüngige Kulturgeschichte der Geschlechterbeziehung hatte N. in Au-
gust Bebels Die Frau in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vor Augen
(Bebel 1883, 5-35), deren Quintessenz die ökonomische Abhängigkeit, ja Ver-
sklavung der Frau war (ebd., 5, vgl. NK 177, 9-14). Die Anfänge einer „dau-
ernde [n] Verbindung“ von Mann und Frau, nämlich der Ehe, sah Bebel im
,,männliche[n] Egoismus“. „Er nahm eine Frau in Besitz“; ,,[d]er Grund zur Bil-
dung des Privat-Eigenthums [...] war gelegt“ (ebd., 8). Später sei die Frau zum
„Tauschobjekt“ geworden: „Sie wird damit wie andere Dinge Eigenthum des
Mannes, über das er frei verfügt“ (ebd., 10). Was für eine niedere Stel-
lung die Frauen im alten Griechenland unter dem Eindruck Asiens hatten, wur-
de Bebel nicht müde zu betonen: „So war die Frau blosser Kindergebärapparat,
ein treuer Hund, der das Haus bewacht.“ (Ebd., 16) Thukydides habe verlangt,
„das die Frau eine Art pflanzlichen Stilllebens führe, das die Zirkel des Mannes
nach keiner Richtung stört“ (ebd., 17).
 
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