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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0731
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Stellenkommentar JGB 251, KSA 5, S. 193-195 711

sehe Agitator und Gymnasiallehrer Bernhard Förster (1843-1889) wurde 1881
aus dem Schuldienst entlassen, weil er ein Handgemenge mit einem jüdischen
Fabrikanten provoziert hatte. In Folge dieser von der rechten Presse ausge-
schlachteten, sogenannten Kantorowicz-Affäre wurde Förster zwar nicht des
Landes verwiesen, aber er wanderte 1886 gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth,
N.s Schwester, nach Paraguay aus.
194, 26 ungefähr so wie der englische Adel es thut] In KGW IX 4, W I 5, 6, 46-
48 stand zuerst stattdessen: „Und nicht etwa ,mit offenen Armen4! Nicht, um
nach Schwärmer=Art heute »Brüderschaft zu trinken4 und morgen sich ''bereits''
blutig zu kratzen!44
194, 30-195,1 es wäre von vielfachem Interesse, zu sehen, ob sich nicht zu der
erblichen Kunst des Befehlens und Gehorchens — in Beidem ist das bezeichnete
Land heute klassisch — das Genie des Geldes und der Geduld (und vor allem
etwas Geist und Geistigkeit, woran es reichlich an der bezeichneten Stelle fehlt — )
hinzuthun, hinzuzüchten liesse] In KGW IX 4, W I 5, 4, 6-10 heißt es stattdessen
ursprünglich: „und ich freue mich, in Bezug auf ein hier anzuempfehlendes
Recept (»christliche Hengste, jüdische Stuten4) mit einem berühmten Pferde-
kenner übereinzustimmen44. Gemeint ist Otto von Bismarck, der am 10. Januar
1871 bei einem Tischgespräch gesagt haben soll: „Ja4, fuhr der Minister fort,
,ich bin doch der Meinung, dass sie [sc. die Juden] durch Kreuzung verbessert
werden müssen4. - »Die Resultate sind nicht übel4. Er nannte einige adelige
Häuser und bemerkte: »alles ganz gescheidte, nette Leute4. Dann fügte er nach
einigem Nachdenken und mit Auslassung eines Zwischengedankens, der wahr-
scheinlich auf die Verheirathung vornehmer Christentöchter, deutscher Baro-
nessen, mit reichen oder talentvollen Jsraeliten ging, hinzu: »Uebrigens ist es
wohl umgekehrt besser — wenn man einen christlichen Hengst von deutscher
Zucht mit einer jüdischen Stute zusammenbringt. Das Geld muss wieder in Um-
lauf kommen, und es giebt auch keine üble Race. Ich weiß nicht, was ich mei-
nen Söhnen einmal rathen werde4.44 (Busch 1878-1879, 2, 218. Zu N.s Bekannt-
schaft mit Buschs Graf Bismarck und seine Leute während des Kriegs mit Frank-
reich siehe auch NK ÜK JGB 248.) Diese Äußerungen Bismarcks haben ihm die
Antisemiten seiner Zeit sehr übel genommen. Elisabeth Förster-Nietzsche hat
in den von ihr verantworteten JGB-Ausgaben „Geist und“ (194, 33) gestrichen:
„Erklärbar ist dies wohl nur, wenn man sich des auf diesen Aspekt gerichteten
Spotts von Fritsch erinnert (KGB III 7/3, 951)“ (Niemeyer 2009, 347). Niemeyer
2009, 347 f. bietet eine genaue Analyse dieses gezielten Texteingriffs.
195, 1-5 Doch hier ziemt es sich, meine heitere Deutschthümelei und Festrede
abzubrechen: denn ich rühre bereits an meinen Ernst, an das „europäische
Problem“, wie ich es verstehe, an die Züchtung einer neuen über Europa regieren-
 
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