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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0743
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Stellenkommentar JGB 254, KSA 5, S. 199-200 723

(vgl. z. B. NK KSA 6, 15, 2) und beispielsweise in Edmond und Jules Huot de
Goncourts Charles Demailly fand: „Pourtant ce grec etait catholique; mais il
etait catholique en haine des religions iconoclastes, catholique par reconnais-
sance pour le siede de Leon X; catholique encore en haine des races du Nord,
pour lesquelles il avait toutes les haines des races du Midi, en haine de l’Alle-
magne, qu’il affirmait etre la Chine d’Europe“ (Goncourt/Goncourt 1877a, 177.
Randanstreichung von N.s Hand, seine Unterstreichungen. „Dennoch war die-
ser Grieche katholisch; aber er war katholisch im Hass auf die ikonoklastischen
Religionen, katholisch durch die Wertschätzung für das Jahrhundert von Leo
X.; katholisch noch im Hass auf die Rassen des Nordens, für die er allen Hass
der Rassen des Südens hegte, im Hass auf Deutschland, von dem er behaupte-
te, das China Europas zu sein“). Eine wichtige Quelle für 199, 33-200, 8 ist
auch, wie Campioni 2010, 34 f. nachgewiesen hat, Saint-Ogans Essai sur l’influ-
ence frangaise, der Frankreichs Kulturschicksal ebenfalls von einem gelungen
synthetisierten Nord-Süd-Gegensatz abhängig sieht (Saint-Ogan 1885, 99).
200, 8-11 unsrer deutschen Krankheit des Geschmacks, gegen deren Über-
maass man sich augenblicklich mit grosser Entschlossenheit Blut und Eisen, will
sagen: die „grosse Politik“ verordnet hat] Einmal mehr wird deutlich, dass N.
den Begriff der „großen Politik“ mit dem amtierenden Reichskanzler Otto von
Bismarck assoziiert hat, der sich seiner ja tatsächlich bedient hatte (vgl. NK
181, 15). Wenn das bei N. sprechende Wir selber „große Politik“ machen will
und für seine Zukunftsphilosophen in Aussicht stellt, eignete es sich damit
eine Formel an, die bereits gängige Münze war, und versucht, sie in seinem
Sinne umzuprägen: Große Politik sollte fürderhin nicht mehr nationalen Parti-
kularinteressen dienen, sondern einer Umwertung aller gewohnten Wertungs-
weisen. „Blut und Eisen“ ist gleichfalls ein zum geflügelten Wort gewordenes
Bismarck-Zitat, das beispielsweise Carl von Gersdorff in seinem Brief an N. vom
31. 03.1866 im Blick auf den Preußisch-Österreichischen Krieg und den „ener-
gischen Minister an der Spitze“, eben Bismarck, benutzt hat (KGB 1/3, Nr. 115,
S. 87, Z. 54-58). Es stammt aus Bismarcks Erklärung vor der Budgetkommission
des Preußischen Abgeordnetenhauses vom 29. 09.1862: „nicht durch Reden
oder Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden -
das ist der große Fehler von 1848 und 1849 gewesen - sondern durch Eisen
und Blut.“ (Böhm o. J., 2, 12) In seinem von N. gekauften Buch Zwei Kanzler.
Fürst Gortschakow und Fürst Bismarck geht Julian Klaczko ausführlich auf die-
ses Bismarck-Zitat ein (Klaczko 1877, 45 f.).
200,18-21 Für sie hat Biz et Musik gemacht, dieses letzte Genie, welches eine
neue Schönheit und Verführung gesehn, — der ein Stück Süden der Musik
entdeckt hat.] N. hat Georges Bizets (1838-1875) 1875 uraufgeführte „opera co-
 
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