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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0771
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Stellenkommentar JGB 260, KSA 5, S. 210-212 751

wird dies allerdings erst von Plutarch in den Worten der Schrift über den Nut-
zen der Feinde (91 e) ausgesprochen: ,Da aber nach dem Ausdruck des Simoni-
des alle Lerchen einen Kamm haben und jede menschliche Natur Streitsucht
und Eifersucht und Neid, den Gefährten der nichtiggesinnten Menschen, wie
ihn Pindar nennt, in sich trägt, so wird einer wohl nicht wenig gefördert, der
mit diesen Leidenschaften reinigende Ab-/357/leitungen auf die Feinde vor-
nimmt und sie gleich Abzugsgräben so fern wie möglich von den Freunden
und Angehörigen abwendet/ [...] / Indessen gab es auch ein edleres Motiv,
welches dem Vorhandensein von Feinden Werth verlieh: es bestand darin, dass
der Gedanke an den von ihnen zu erwartenden Hohn dazu nöthigte auf sich
selbst zu achten und sich keine Blösse zu geben. Dieser Gesichtspunkt wird,
so weit unsere Kunde reicht, zuerst in der Rede des Pausanias in Platon’s Gast-
mahl geltend gemacht.“ (Schmidt 1882, 2, 356 f.)
Niehues-Pröbsting 2013, 108 argumentiert zu 211, 4-7, den Schwachen sei-
en diese „Abzugsgräben“ der Feindschaft verwehrt, weswegen sie „all die ne-
gativen Affekte, die der Starke in Feindschaften abreagiert, intern verarbeiten“
müssen und also das schlechte Gewissen erfinden. Feindschaft zu pflegen, ver-
hindert demnach das Aufkommen eines schlechten Gewissens und ist konform
mit dem (Selbst-)Bild des aristokratischen Heroen.
211, 25 das warme Herz] Vgl. NK 210, 18 f.
211, 30 f. die Entstehung jenes berühmten Gegensatzes „gut“ und „böse “] Die-
ses Thema wird eingehend in der „Ersten Abhandlung“ von GM behandelt
(KSA 5, 257-289).
212, 9 un bonhomme] Vgl. NK 156, 14.
212, 12-17 Ein letzter Grundunterschied: das Verlangen nach Freiheit, der
Instinkt für das Glück und die Feinheiten des Freiheits-Gefühls gehört ebenso
nothwendig zur Sklaven-Moral und -Moralität, als die Kunst und Schwärmerei in
der Ehrfurcht, in der Hingebung das regelmässige Symptom einer aristokrati-
schen Denk- und Werthungsweise ist] Vgl. NK 160, 27 f. Die Zuordnung des Frei-
heitsstrebens zur Sklavenmoral und des Bindungswillens zur Herrenmoral wi-
derstreitet zunächst der Lesererwartung, die - wie Schopenhauer und Cousin
bei ihrem Gebrauch der Formel „Sklavenmoral“ / „morale d’esclave“ (vgl. NK
208, 25 f.) - gerade das hündische Duckmäusertum, das Gehorchenwollen für
eine typisch sklavische Haltung anzusehen geneigt ist. Hier jedoch steht das
dynamische, das aufständische Moment der Sklavenmoral im Vordergrund
(vgl. JGB 195, KSA 5,117, 5-9), das ja angeblich eine sklavenmoralische Umwer-
tung der Werte provoziert haben soll, die nicht geschehen sein kann, wenn die
Sklaven immer nur parieren. Also streben die Sklaven nach dem, was sie nicht
 
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