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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0811
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Stellenkommentar JGB 286, KSA 5, S. 232 791

werdens (vgl. NK KSA 6,167, 5 f.). In der ursprünglichen Notizbuchfassung fehl-
ten auch noch die hervorhebenden Anführungszeichen bei der Frage: „Die
größten Ereignisse ru. Gedanken'' werden am spätesten begriffen: die Ge-
schlechter, welche mit ihnen gleichzeitig sind, erleben solche Ereignisse nicht.
Es geschieht hier etwas, wie im Reiche der Sterne: das Licht der fernsten Sterne
kommt am spätesten zu den M. - u bevor es rnichf' angekommen ist, leugnet
der Mensch, daß res'' dort Sterne sind, giebt. - Wie viel Jahrhunderte braucht
ein Geist, um begriffen zu werden? - dies ist auch ein Maaßstab, um eine Rang-
ordnung der Geister u. Sterne zu schaffen —“ (KGW IX 2, N VII 2, 100, 17-36,
von N. durchgestrichen).
232, 9 f. die grössten Gedanken sind die grössten] Im Druckmanuskript stand
ursprünglich nur: „Gedanken sind“ (KSA 14, 373).
232,13-19 Es geschieht da Etwas, wie im Reich der Sterne. Das Licht der ferns-
ten Sterne kommt am spätesten zu den Menschen; und bevor es nicht angekom-
men ist, leugnet der Mensch, dass es dort — Sterne giebt. „Wie viel Jahrhun-
derte braucht ein Geist, um begriffen zu werden?“ — das ist auch ein Maassstab,
damit schafft man auch eine Rangordnung und Etiquette, wie sie noth thut: für
Geist und Stern.] N. benutzte hier astronomische Erkenntnisse, die er aus Ange-
lo Secchis Werk Die Sterne gewonnen hatte, um zur Fernwirkung von Gedan-
ken eine möglichst kolossale Analogie zu bilden (vgl. NK 117, 11-15, dort ein
Zitat aus Secchi 1878, 150): „Nimmt man also für die Sterne erster Grösse eine
Parallaxe von einer Zehntelsecunde an, so braucht das Licht derselben 32 Jah-
re, um auf die Erde zu kommen. Die Sterne neunter Grösse würden 1024 Jahre
und diejenigen sechzehnter Grösse, die kleinsten in Herschel’s Teleskop sicht-
baren, 24,192 Jahre brauchen, um ihr Licht zu uns zu senden. / Das Licht
sämmtlicher Sterne könnte also erlöschen und trotzdem würden noch mehrere
Generationen dieselben mit wenigen Ausnahmen erblicken“ (Secchi 1878, 293).

286.
Eine frühere Fassung findet sich in KGW IX 5, W I 8, 151, 10-12: ,„Hier ist die
Aussicht frei, der Blick erhoben/ - Es giebt eine umgekehrte Art von Men-
schen, die rauch'' auf ihrer Höhe sind, u die Aussicht frei haben, - aber hinab-
blicken.“ Auch im Druckmanuskript von JGB stand nach KSA 14, 373 in 232, 21
zunächst „Blick“ statt wie im Goethe-Zitat korrekt „Geist“. Durch die Korrektur
wird die Parallelität des Blickens - zuerst „erhoben“ und dann „hinab“ -,
damit aber auch die wesentliche sprachliche Pointe zerstört.
232, 21-23 „Hier ist die Aussicht frei, der Geist erhoben“. — Es giebt aber eine
umgekehrte Art von Menschen, welche auch auf der Höhe ist und auch die Aus-
 
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