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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0022
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EINLEITUNG

1. So sind zunächst diejemgen Eheschriften des Straßburger Reformators zu nen-
nen, die Stellungnahmen zu spezifischen Ehefällen darstellen. Es handelt sich bei lh-
nen also um Gutachten zu aktuellen Rechtsfällen, die bestimmte, oft namenthch
ldentifizierte Personen betreffen und die von Bucer und den Straßburger Predigern
eine Entscheidung fast eherichterlicher Art erfordern. Von diesen neun auf konkrete
Fälle gemiinzten Gutachten beziehen sich sechs auf Eherechtsstreitigkeiten in
Straßburg selbst (die Stücke Nr. i, 2, 3, 10, 17 und 18) und drei auf von auswärts an
die Straßburger herangetragene Fälle, etwa auf die Anfrage Simon Giynaeus’ zur
Gültigkeit der Ehe Heinrichs VIII. von England (Nr. 8), auf den Antrag eines Ulmer
Bürgers auf Ehescheidung von seiner geisteskranken Frau (Nr. 9) und auf die Bitte
Herzog Ruprechts von Pfalz-Zweibrücken, zu zwei Ehefällen m seinem Territo-
rium Stellung zu nehmen (Nr. 16). Es ist schwer zu sagen, in welchem genauen Ver-
hältnis die auf Straßburger Fälle bezogenen Gutachten zur Tätigkeit des vom Rat 1m
Dezember 1529 eingesetzten Ehegerichts standen, da die Protokolle des letzteren
nicht erhalten sind. In den eindeutig vor 1529 erstellten Gutachten Nr. 1, 2 und 3
scheinen Bucer und die Prediger noch an Stelle eines solchen Ehegenchts zu agieren.
Aus den wohl auf das Ende der 1530er Jahre zu datierenden Gutachten Nr. 17 und
18 geht klar hervor, daß das städtische Ehegericht die Prediger lediglich als Berater
herangezogen und gelegenthch um schnfthche Stellungnahmen gebeten hat. Es ist
zu vermuten, daß das wohl nach Gründung des Ehegerichts verfaßte Gutachten
Nr. 10 ebenfalls als Antwort auf eine Anfrage desselben Gerichts verfaßt worden ist.
Über die entscheidende Frage, ob das Straßburger Ehegericht die von Bucer in die-
sen Gutachten gemachten Empfehlungen m die Praxis umgesetzt hat, lassen sich lei-
der nur Vermutungen anstellen.
2. Fünf weitere in diesem Band edierte Schnften haben den Charakter allgemeiner
Eheabhandlungen theoretischer Art: Es handelt sich um die Schriften Nr. 4, 6, 7, 12
und 13. Das Stück Nr. 12 vom Ende des Jahres 1533 (»Von der Ehe und Eheschei-
dung«) stellt Bucers umfangreichste in sich geschlossene Eheschrift dar und bildet
das Herzstück des vorliegenden Bandes. Von ähnlicher Bedeutung ist die nur wenig
kürzere, für den Augsburger Rat verfaßte Schnft Nr. 13 (»Scnptum maius«). Die
knapperen Schriften Nr.6 und 7 vom Juni 1531 bilden wichtige Vorstufen zu den
obengenannten Abhandlungen und nehmen viele ihrer Gedanken vorweg. Auffällig
ist vor allem der seit der Schrift Nr. 6 auftretende, ausgiebige Gebrauch des römi-
schen Rechts durch Bucer, um seine Ansichten zu Ehe und Ehescheidung zu unter-
mauern. Erstmals erwähnt wird das römische Recht in einem ausschheßlich von Bu-
cer stammenden Ehegutachten in dem eigentümlichen, vermutlich um das Jahr 1530
zu datierenden Stück Nr. 4, m dem der Straßburger Reformator unter bestimmten
Bedingungen die Rücknahme eines Eheversprechens erlaubt.
3. Darüber hinaus enthält dieser Band zwei Schriften, die Eigenschaften beider
obengenannter Gruppen m sich vereinen: Emerseits stellen sie, wie die erste Gruppe
von Schriften, eine Antwort auf eine spezifische Anfrage dar, andererseits beziehen
sie sich nicht auf aktuelle Fälle eherichterlicher Art, sondern behandeln, wie die
 
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