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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0075
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6. DER HEILIGE EHESTAND

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bisherigen Eheschriften Bucers13 und zeugt von einer neu einsetzenden, intensiven
Beschäftigung des Straßburgers mit dem Corpus Iuris Civilis14. Bucer kommt damit
der von ihm selbst aufgestellten Forderung nach, die Eherechtsprechung an dem rö-
mischen Recht zu orientieren, und benennt ins Einzelne gehend die spezifischen
kaiserlichen Gesetze, die den künftigen Ulmer Eherichtern als Grundlage dienen
sollen.

2. Inhalt
Die Ehe - so behauptet Bucer zu Beginn - spielt eine fiir das Gedeihen des gesamten
Gememwesens unentbehrhche Rolle. Deshalb haben besonders Christen, die doch
»mt ein menschhch, sonder göttlich regiment furen«, für eine Neuordnung des Ehe-
wesens nach göttlichem Willen zu sorgen [246^].
Zunächst bedeutet dies für Bucer, dem Charakter der Ehe als universeller, für fast
alle Menschen unabdingbarer Lebensform Rechnung zu tragen. Ledighch für eine
Minderheit, die Gott selbst zu einem ehelosen Leben bestimmt habe, gelte dies
mcht. In impliziter Polemik gegen die altgläubige Hochschätzung der Ehelosigkeit
bekräftigt er die Wirkungslosigkeit von menschlichen Gelübden und Geboten ange-
sichts der allgemeinen Geltung von Gen 2,18 und I Kor 7,2. Vor allem bestreitet Bu-
cer die Zweckmäßigkeit von Strafen, die ein Eheverbot beinhalten: Jemandem -
welche strafbare Tat er auch immer begangen haben mag- die Ehe zu verbieten, dem
Gott die Gabe der Ehelosigkeit nicht gegeben habe, verursache 1m Gemeinwesen
verheerende sittliche Schäden und erreiche das Gegenteil des Zieles, Gutes zu för-
dern und Böses zu verhindern [246v-247r],
In einem zweiten Abschnitt geht Bucer ausführlich auf das Erfordernis der elter-
lichen Zustimmung für die Schließung einer gültigen Ehe ein [247r-250v]. Dies be-
gründet er mit Belegen aus dem Alten Testament [247v-248r], vor allem aber aus
dem römischen Recht [248^-250^]. Bucer warnt wiederum davor, die elterliche
Autorität zu mißbrauchen, etwa indem man eine Verehelichung unnötig hinaus-
schiebt oder den Kindern gegen ihren Willen aufzwingt [25ir].
Trotz seiner Hochschätzung der Heiligen Schrift und des römischen Rechts als
Richtschnur christlicher Eherechtsprechung rät Bucer der welthchen Obrigkeit,
sich an kein Gesetz sklavisch zu halten, sondern nach eigenem Ermessen Lösungen
zu finden und Urteile zu fällen, durch welche am ehesten die Förderung des Guten
und die Abwehr des Bösen erreicht werden könncn, etwa bei der Bestrafung von
Jungfrauenschändern [25ir-252r]15. Die in einem früheren Gutachten16 vorsichtig
13. So zentral ist der Stellenwert des römischen Rechts m dieser Schrift, daß der Reformations-
forscher Walther Köhler einen Juristen als ihren Verfasser vermutet hat. Vgl. Köhler, Zürcher Ehe-
gericht II, S. 51.
14. Für Bucer entscheidend waren die gerade erschienenen Haloander-Ausgaben (vgl. oben
S. 10).
15. Vgl. unten S. 85,6-13.
16. Vgl. oben Nr. 4, S. 5 5-57.
 
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