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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0096
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6. ERSTES GUTACHTEN FÜR DEN ULMER RAT

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funden wurde mit fleyß sich selb vmb ein kind bracht haben, Item wo sy so leycht-
fertig vnd mutwillig were, das sy mit mannen auß vnkeuschem Lust yn ein gemein
bad262 sesse Oder, die weyl263 sy mit yrem man noch in der eh ist, vnderstonde264,
I 2j8r I ein anderen eh man zubekomen. Wo sich soliche fel begeben, lassen die ge-
nanten christlichen keyser die scheydung zu, welchs die gottseligen, heyligen bi-
schoff der selbigen zeit nit gestattet hetten, wo es den wortten Christi265 were zü wi-
der gewesen266.
Der aber erzelte vrsachen recht ansicht, der findet, das sy entweders den Ebruch
vff im tragen oder aber freuele scheydung, welchs dann der recht Ebruch ist. Dann
welche wider willen lres mans mit anderen mannen will leychtfertig gesellschafft,
bad vnd andere mütwilhge kurtzweil treyben, vber nacht fon irs manns wissen vnd
willen vnd eimg eerlich vrsach^ außbleyben, nach eym anderen mann, die weyl der
yr noch lebet, trachten, An denB yren freuele267 hennd legen oder ym nach dem le-
ben trachten, die ist ye mt besser dann ein Ebrecherin, nemlich wa sy soliches wolte
beherrlich treyben. Nun durch die anderen268 stucke verwircket ein yeder das Le-
ben; wer dan sein leben verwircket, hat ouch sein Eerecht verwircket vnd, ob269 er
der straff entlauffet, wurdt er doch billich270 alß todt gezelet. Also271, so der man yn
ansehen272 seins weybs hüren yn sein hawß*1 furet oder sein weyb vber die maß zü
schlagen I 2 jSv I pfleget oder yr nach dem leben stellet, was ist das anders, dann die
Eh mütwillig getrennet vnd gebrochen? Darumb findt es sich, das diser1 keyser ge-
satz wider die wort des herren nit streben. Vilgemeldte satzung liset man Co. de re-
pudiis, L. Consensu273, et L. iubemus274, welche satzung auch das vermag, das dem
f) —f) vor den linken Rand geschneben und eingewiesen m a.
g) die:b.
h) am Zeilenanfang erg. m a.
i) danach gestr. Dittographie: keyfser]: a.

262. m ein öffentliches Bad.
263. solange.
264. wagte, sich anschickte.
265. sc. zur Scheidung.
266. Vgl. etwa Kanon 9 des Konzils von Elvira m Spamen zwischen 300 und 303 n. Chr. m
DS 117 und Ausführungen in päpstlichen Briefen aus der Mitte des 5. Jahrhunderts in DS 283 und
267. sündhaft(e), frech(e). Grimm 4 (=IV,i,i), Sp. 172f.
268. sc. die mcht zuletzt genannten.
269. (auch) wenn.
270. von Rechts wegen. Baufeld, S. 34.
271. Ebenso.
272. unter den Augen.
273. Cod. Just. 5,17,8, ClCiv II, S.212: »Consensu licita matrimonia posse contrahi, contracta
msi misso repudio solvi praecipimus«. Auf die Lex Consensu beruft sich Bucer schon m der zwei-
ten Auflage seines Evangelienkommentar, »In Sacra Quatuor Euangelia. Enarrationes Perpetuae«,
Straßburg 1530, Bl. 152b. Zur Aufnahme der Lex Consensu durch Bucer und andere Reformatoren
vgl. Sprengler-Ruppenthal, Rezeption des Römischen Rechts, S. 376f., 400-406, 413, 417. Vgl. auch
Hesse, Evangelisches Ehescheidungsrecht, S.25 (gegen Bucer stark polemisierend).
274. Cod. Just. 5,17,11, ClCiv II, S.213.
 
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