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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0140
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i36

IO. OB MALAZEI GENUGSAME URSACHE

widder zuuerheuraten, vergönnet1, das sie in andren scheidungen nit gethon60. Nu
konden solliche61 jek durch hury die ee nit brechen.
So nun aber in disem phal auch anderer meynung, die der schrifft vnd sachen, die das
gewissen belangen, verstendig sindt, fordret, dwil diser phal disputierlich62 geachtet
würdt, ob Maletzy63 genugsame vrsach der scheidung sey: D[oktor] Luter vnd die
schul64 zu Wittenbergk haltens dafur, das, »wer sein eehch gemahel nympt oder hat
noch65 keyserlichen66 rechten, dem kan ein pfarrer mit frolichem hertzen sagen vnd
vrteilen, das ers mit gutem gewissen, mit got vnd ehren habe«. Diß sind wort D. Lu-
thers in einer vorred iber ein buchlin1, der eesachen halb gemacht67.
Nu hat wol das keiserlich recht von Malatzy mchts vßtruckts , gibt aber zu, das
zwei beide in die scheidung verwilligen vnd kein mishandlung deren69, so das gesatz
Theodosii vnd Valentiniani70 als rechtmessige vrsachen der scheidung vssdrucken,
j) korr. aus: vergunnet.
k) korr. aus: jr.
l) An dieser Stelle hat der Kopist eine Lücke gelassen, wohl weil er Angaben nicht lesen konnte.
60. Vgl. Liber Extra, lib. 4, tit. 15, c. 3, Friedberg II, Sp. 705. In diesem Fall handelt es sich um ein
ehetrennendes Hindernis (lmpedimentum dirimens), d.h. es findet keine eigentliche Ehescheidung
statt, sondern die Ehe wird für ungültig erklärt. Das kanomsche Recht war m dieser Frage durchaus
mcht emheitlich und konnte auch m solchen Fällen vorsehen, daß die Ehe als »Lebensgemeinschaft
von Bruder und Schwester« fortgesetzt und keineswegs aufgelöst werde, etwa Liber Extra, lib. 4, tit.
15, c. 4, Friedberg II, Sp. 705. Vgl. hierzu Plöchl II, S. 318 f.
61. sc. die zur Ehe Untaughchen.
62. stnttig.
63. Aussatz, Lepra.
64. Hochschule, Universität.
65. nach.
66. Luther schreibt genaugenommen von »weltlichen« Rechten, vgl. unten Anm. 67. Freilich
konnte Luther auch jedes von der welthchen Obngkeit stammende Recht mit »Kaiserrecht« be-
zeichnen, vgl. Martin Luther Studienausgabe, Bd. 4, S. 264, Anm. 34.
67. Gemeint ist die Schrift »Wie m Ehesachen ... nach göttlichem billichem Rechten chnstenlich
zu handeln sei« (Brenz, Frühschnften 2, S. 253—296) des schwäbischen Reformators Johannes
Brenz (1499-1570), die 1529 zum ersten Mal erschien. Luther versah eine Wittenberger Ausgabe
vom Ende 1531 (Benzing 2943) erstmals mit einer Vorrede. Das genaue Zitat lautet: »Dem nach ge-
fallen mir hienn die weltlichen rechte viel besser, als die nchtiger hindurch gehen und mcht so viel
stnck und ursachen geben zu manchen jrrigen fellen und kommerms. Und wer ein Ehclich gemalh
nimpt odder hat nach solchen rechten, dem kan ein Pfarherr mit frolichem hertzen sagen und urtei-
len, das ers mit gutem gewissen mit Gott und ehren habe«, WA 30 III, S.484,18-485,2. Bucer gibt
einen umfassenderen Abschmtt dieser Vorrede Luthers m der großen Ulmer Eheschnft, S. 379,1—8
sowie m der für Augsburg verfaßte Schrift »Scnptum maius«, S. 467,12—20 wieder. Die sehr dcutli-
che Äußerung Luthers m seiner Ende September 1522 erschienenen Schnft »Vom ehehchen Le-
ben«, daß die unheilbare Erkrankung eines Ehepartners, und mache sie auch den Geschlechtsver-
kehr unmöglich, keineswegs ein Ehescheidungsgrund sei (vgl. WA 10 II, S. 291,25-292,6), läßt Bu-
cer freilich außer acht.
68. Ausdrückhches. Zum Schweigen des römischen Rechts über Lepra vgl. unten S. 357,1 — 358,2.
69. Vergehen (nach Art) der (sc. Fälle). Vgl. Grimm 2, Sp. 95 5.
70. Gemeint lst die Lex Consensu der KaiserTheodosius II. (408—450 n.Chr.) und Valentimanus
III. (424—45 5 n.Chr.) von 449 n.Chr., die Justmian m seinem Kodex aufnahm: Cod. Just. 5,17,8, CI-
Civ II, S. 212 f. Auf die Lex Consensu beruft sich Bucer auch m seiner großen Eheschrift (vgl. unten
 
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