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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0184
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12. GUTACHTEN FUR DEN ULMER RAT

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habens wöllen besseren vnndp strenger sein vnnd den kirchen dieneren die eh aller
ding1 abgestricket2 vnnd geordnet3, das sie gar keyne weiber haben solten1!4. Wo
lsts aber hmkommen? Das1 niemand vff erden vnkeüscher vnnd uppiger lebets dan
eben1 diese heiligen pfaffen.3
Also, dau Got angesehen die menschliche blodikeytv6, wo zwey iew7 nit kondenx
by einander in recht ehlicher liebe leben7, zscheidung vnnd deren nach andere hey-
radt, da ehliche liebe stat hette8, zu gelassenz, Haben die menschen “wöllen nit" so
leichtferig69 sein als10 got vnnd wolc scheidungd, wann man by emander nit sein
konde, zu gelassen, aber doch das sich iren11 keins wider verheirathe. Was hat dase
bracht? das die armen leüt fsich doch wider versehen haben», abep mit nagendem ge-
wissen, hoder aber sind1 gar inn verüchte' hürey^13 gerathenk.

p) vnd hierinne: Ed. 1-3. - q) sollen: Ed. 1-3. - r) das zuletzt: Ed. 1-3.
s) gelebt: Ed. 1-3. - t) fehlt in b. - u) hat: Ed. 1-3.
v) blodigkeit vnd Ehescheidung verordnet vnd den gescheidenen andere heirate: Ed. 1—3.
w) ja: Ed. 1; fehlt in Ed. 2, Ed. 3. - x) haben: Ed. 1-3. - y) lcben konten: Ed. 1-3.
z)—z) damit ehliche liebe stat hette. Da: Ed. 1 —3. — a)—a) nicht wollen: b.
b) leichtig: b; leichtfertig: Ed. 1-3. - c) fehlt in Ed. 1-3. - d) ehescheidung: Ed. 1-3.
e) aber das endlich: Ed. 1-3. - f)—f) etwa: Ed. 1-3.
g) übergeschr. und eingewiesen m a; fehlt in b. - h)-h) in allerley hurerey: Ed. 1—3.
i) übergeschr. und eingewiesen m a; fehlt m b.
j) von Bucer vor den linken Rand geschrieben und eingewiesen m a.
k) danach irrtümlich mcht gestr.: seind: a; sein: b.
1. völlig, ganz und gar, m jeder Hinsicht.
2. verboten. Frühneuhochdt. WB 1, Sp.424f.
3. angeordnet.
4. Die Verpflichtung aller Kleriker zur Ehelosigkeit wurde seit dem Ende des 4. Jahrhunderts
durch mehrere Konzilsbeschlüsse angebahnt (vgl. Franzen, S. 14), m den folgenden Jahrhunderten
lmmer wieder gefordert (vgl. Denzler I, S. 18 — 30) und schließlich 1139 1m Kanon 7 des 2. Lateran-
konzils ausdrücklich zur kirchenrechtlichen Norm erhoben (vgl. COD, S. 198,9-15 = Decr. Grat.
II, C. 27, qu. 1, c.40, Friedberg I, Sp. 1059). Vgl. auch Franzen, S. 12-20; Hinschius, Kirchenrecht I,
S. 147-156; Gaudemet, S.3-20.
5. Die Behauptung, die gesamte altgläubige Geistlichkeit mache sich einer unsittlichen, aus-
schweifenden Lebensführung schuldig, wurde schon früh von Anhängern der Reformation ge-
macht. Dieser Vorwurf taucht schon in Bucers Schrift »Verantwortung«, BDS 1, S. 167, 10-36 auf.
6. Schwachheit, Unvollkommenheit.
7. lrgendeinmal, jemals.
8. möglich wäre.
9. großzügig, weitherzig; zur Wortform vgl. Grimm 12 (= VI), Sp.642.
10. wie.
11. lhrer.
12. Das kanomsche Recht erlaubte zwar die Trennung von Tisch und Bett (separatio a mensa et
thoro, divortium quoad thorum et mensam), sah aber keine eigenthche Scheidung vom Bande (se-
paratio a vinculo matrimonn, divortium quoad vinculum) vor, die eine Wiederverheiratung möglich
gemacht hätte; das eheliche Band galt als schlechthin unauflöslich (DS 1327). Vgl. untcn S. 319,
Anm. 1.
13. Hurerei, Unzucht.
 
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