12. GUTACHTEN FUR DEN ULMER RAT
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willig vnnd vermoglich. Dann ie1 die frage, davon die disputation by den Juden war
vnnd sie den herren versuchten, also I 6i v I gestellet was: Ob der man sein weyb
mochte verlassen vmb emer ieden vrsach willen2. »Sein weib« staht vnnd »verlas-
sen« oder »scheiden«3. Nun, was dazu gehore, das eine eins ehweib sye vnnd heisse,
weiß mann wol; welche dan der man scheidet vnd von im thut, die selbige wurt ie4
vor5 by im sein vnnd selb mt scheyden wellen, lsust scheydete sy nit der manf. So
stunde auch die sach der zeyt by den Juden also, das freylich keiner würt gefraget
haben, ob einer sems weibs frey sem vnnd sie verlassen mochte, wo sie deren miß-
handlungen6, derohalb die keys[erhch]en recht, wie oben7 erzelet, scheydung zu
geben, verhafftet8 oder leibshalb9 nit hette konden ehliche dienst10 beweisen.
Derhalb warlich die wort des herren, so wir Math. 5[31 -32] vnnd 1 ^[3—5?], Marci
iou[2-<)] vnnd Lucae i6v[i8] haben, da fur schlecht nicht anzunemmen seind, als
hette der Herr mn den selbigen der ehscheydung inn gemeyn hin ein volkomen be-
richt vnnd bescheidt geben wellen, der by allenw denen, die ein mal ein eh mit einan-
der durch ehliche wercke11 beschlossen hetten, gelten vnnd stat haben solte, Soliche
weren by emander, kondten als ehleüt by einander sein oder nit, hielten sich auch
gegen einander vnnd sunst, wie sie wolten, Wie mans dan nun ethch fil jar einher12
fürgeben hat13, vff welche meynung diese vnsers herren wort eygenthch streitten14
vnnd abbruchhch sein müßten dem, das got sunst inn der hfeiligen] geschnfft durch
Mosen, die Propheten, Christum selb vnnd die Apostell von der eh vnnd gantzem
menschhchen leben gelert vnnd gepotten hat, welchs aber keins wegs sem kann.
Darumb auch diese wort schlecht I 62 r I weiters nit zu verstehn oder zu deuten seind
dan wider das leichtferige15, vnrechtmessige, mutwillige scheiden - wie die Juden
dazumal ein brauch hatten, ire ehweiber, die, ehliche dienst vnnd trew zu leisten,
taughch vnnd willig waren16 -, Wie der herr auch mit vor17 anzognen worten vom
t) —t) von Bucer vor den linken Rand geschrieben und eingewiesen; darunter m Klammern no-
tiert von Johann Wilhelm Baum: B[ucerus]: a.
u) übergeschr. und eingewiesen m a. — v) übergescbr. und eingewiesen m a.
w) übergeschr. und eingewiesen m a.
1. ja.
2. Vgl. Mt 19,3.
3. Vgl. oben S.234,19-235,11.
4. auf jeden Fall.
5. vorher.
6. Vergehen, Verbrechen, Sünden.
7. Vgl. oben S. 305,10-318,8.
8. mit ... behaftet.
9. aus körperlichen, gesundheitlichen Gründen.
10. den ehelichen Beischlaf.
11. eheliche Beiwohnung. Vgl. »coniugn officia«, BOL 15, S. 217.
12. bis jetzt.
13. Vgl. oben S. 237,4-238,8.
14. 1m ausdrückhchen Widerspruch stehen.
15. leichtfertige, unbedachte. Zur Wortform vgl. Grimm 12 (= VI), Sp.642.
16. Vgl. oben S. 234,19-235,11.
17. Vgl. oben S. 325,17-19.
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willig vnnd vermoglich. Dann ie1 die frage, davon die disputation by den Juden war
vnnd sie den herren versuchten, also I 6i v I gestellet was: Ob der man sein weyb
mochte verlassen vmb emer ieden vrsach willen2. »Sein weib« staht vnnd »verlas-
sen« oder »scheiden«3. Nun, was dazu gehore, das eine eins ehweib sye vnnd heisse,
weiß mann wol; welche dan der man scheidet vnd von im thut, die selbige wurt ie4
vor5 by im sein vnnd selb mt scheyden wellen, lsust scheydete sy nit der manf. So
stunde auch die sach der zeyt by den Juden also, das freylich keiner würt gefraget
haben, ob einer sems weibs frey sem vnnd sie verlassen mochte, wo sie deren miß-
handlungen6, derohalb die keys[erhch]en recht, wie oben7 erzelet, scheydung zu
geben, verhafftet8 oder leibshalb9 nit hette konden ehliche dienst10 beweisen.
Derhalb warlich die wort des herren, so wir Math. 5[31 -32] vnnd 1 ^[3—5?], Marci
iou[2-<)] vnnd Lucae i6v[i8] haben, da fur schlecht nicht anzunemmen seind, als
hette der Herr mn den selbigen der ehscheydung inn gemeyn hin ein volkomen be-
richt vnnd bescheidt geben wellen, der by allenw denen, die ein mal ein eh mit einan-
der durch ehliche wercke11 beschlossen hetten, gelten vnnd stat haben solte, Soliche
weren by emander, kondten als ehleüt by einander sein oder nit, hielten sich auch
gegen einander vnnd sunst, wie sie wolten, Wie mans dan nun ethch fil jar einher12
fürgeben hat13, vff welche meynung diese vnsers herren wort eygenthch streitten14
vnnd abbruchhch sein müßten dem, das got sunst inn der hfeiligen] geschnfft durch
Mosen, die Propheten, Christum selb vnnd die Apostell von der eh vnnd gantzem
menschhchen leben gelert vnnd gepotten hat, welchs aber keins wegs sem kann.
Darumb auch diese wort schlecht I 62 r I weiters nit zu verstehn oder zu deuten seind
dan wider das leichtferige15, vnrechtmessige, mutwillige scheiden - wie die Juden
dazumal ein brauch hatten, ire ehweiber, die, ehliche dienst vnnd trew zu leisten,
taughch vnnd willig waren16 -, Wie der herr auch mit vor17 anzognen worten vom
t) —t) von Bucer vor den linken Rand geschrieben und eingewiesen; darunter m Klammern no-
tiert von Johann Wilhelm Baum: B[ucerus]: a.
u) übergeschr. und eingewiesen m a. — v) übergescbr. und eingewiesen m a.
w) übergeschr. und eingewiesen m a.
1. ja.
2. Vgl. Mt 19,3.
3. Vgl. oben S.234,19-235,11.
4. auf jeden Fall.
5. vorher.
6. Vergehen, Verbrechen, Sünden.
7. Vgl. oben S. 305,10-318,8.
8. mit ... behaftet.
9. aus körperlichen, gesundheitlichen Gründen.
10. den ehelichen Beischlaf.
11. eheliche Beiwohnung. Vgl. »coniugn officia«, BOL 15, S. 217.
12. bis jetzt.
13. Vgl. oben S. 237,4-238,8.
14. 1m ausdrückhchen Widerspruch stehen.
15. leichtfertige, unbedachte. Zur Wortform vgl. Grimm 12 (= VI), Sp.642.
16. Vgl. oben S. 234,19-235,11.
17. Vgl. oben S. 325,17-19.