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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0419
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BEILAGE ZU NR. 12

415

Antwort: Nein. Denn man sich nicht allein one vrsach nicht scheiden sol. Son-
dern auch nicht one redliche, erhebliche vnd gnugsame vrsachen, dauon droben m
diesem vierden Teil12 der Ehescheidung meldung geschehen vnd hernach weiter ge-
schehen sol. Vnd wo derhalben gleich Eheleute keinen willen vnd sinn zusamen het-
ten, in Fnede vnd emigkeit mit einander zuleben, so mus die Obrigkeit jhr Ampt
hierinnen trewhch ausnchten vnd sie durch das Compelle dahin vermogen. Wie
[Ed. 3: Wil] aber dann endlich kein zwangk helffen, so sol die Obrigkeit die schul-
dige vnfnedhche Person des Landes veiweisen, vnd wo sie sich hernach auch nicht
wd widerumb versonen vnd vergleichen lassen, mag man nach etlicher zeit dem
vnschuldigen Teil heirat gestatten vnd das Schuldige fur eine mutwillige vnd [fehlt in
Ed. 3] freuenthche [Ed. 3: vnd] verlassende Person halten. Wo aber zwo Person zu-
gleich vneins sein vnd keinen Friede halten wollen, so mag man sie wol mit bey wo-
nung, weiter gefahr zuuerhüten, von ein ander scheiden, doch das sie one Ehe blei-
ben oder sich miteinander versonen.

Ergänzung 17 (vgl. oben S. 283,16, textkritische Anmerkung f-f)
Ed. 2, Bl. 247a-247b; Ed. 3, Bl. 222a.
Frage: Sein auch vnsere Evangelischen Kirchen mit dieser vergleichung oder Rat-
schlege [Ed. 3: diesem Rahtschlag oder vergleichung] zufrieden?
Antwort: Nein. Denn ob gleich der Ehebruch eine gnugsame vrsache ist der Ehe-
scheidung, so werden doch die andern folgenden vrsachen nicht dafür gehalten, vnd
ob sie gleich etwa mügen dafür gehalten sein bey den alten Keisern, so lst doch
solchs nu in abgangk komen. So setzen die gemeinen Rechte, die fast des Bapsts
Rechte sein, nur vier gnugsamer vrsachen der Ehescheidung, als Ehebruch, vnglau-
ben, vntüchtigkeit vnd stette listige nachstellung nach des Gemahels leben. Vnd ist
aber diese jre Ehescheidung allein von bett vnd tische. Die vnsern setzen die mutwil-
hge verlassung darzu oder die Desertion. Item D. Luther seliger 1m Büchlein vom
Ehehchen leben13 die entziehunge Ehelicher pflichte14. Es wollen auch die vnsern
thethche Scheidunge haben, also das die vnschüldige Person widerumb sich verehe-
lichen moge. Vber das so haben die vnsere eine Regel: Conditio fortunae non separat
Matrimonium. Vnd D. Luther pflegte zusagen: »Hat dir Gott einen Dieb bescheret,
so magstu einen dieb haben«15. Vnd ist das sonderlich mchts gesagt. Das ein Tod-
schleger oder der sonst eine bose that thut, dadurch er das leben verwircket, leben-
dig todt sey. Denn die todten bedürffen nicht hülffe, trost, beistand vnd eheliche

12. Sarcerius meint den vierten Abschnitt seines Kompendiums des reformatorischen Eherechts
(Ed. 1-3), in welchem er nacheinander die Ansichten Martin Luthers, Johannes Brenz’, Heinrich
Bullingers, Philipp Melanchthons, verschiedener Kirchenväter und schließlich »etlicher Theolo-
gen« (namentlich der Schrift Bucers »Von der Ehe und Ehescheidung«) zur Ehescheidung referiert.
Vgl. Mejer, Zur Geschichte des ältesten protestantischen Eherechts, S. 87f.
13. Vgl.obenAnm.11.
14. Vgl. WA 10 II, S.290,5-291,4.
15. Das Zitat läßt sich in der WA nicht nachweisen. Freundliche Mitteilung der Forschungsstelle
Luther-Register, Tübingen.
 
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