510
15. GUTACHTEN I UR PHILIPP VON HESSEN
zu: Der herr hat den alten vettern, mere dann ein weyb zu haben, mit gnaden nach-
geben196, darumb werde ers den Christen auch nachgeben, dann, wie gesagt, das
verpott197 der einzelnen ehen war den vettern nit gegeben, aber den Christen ist es
gegeben. Dann weil dis verpott gewiss ist der ersten einsetzung der ehe, so wirdt es,
wie gesagt, als ein gottlich verpott gehalten. Vnd ob man schon darüber noch zu dis-
putiren vermeint, so lsts doch ia198 gemein199 bey allen Christen one zweyfel.
Derohalben ob gleich einer meinen wolte, das wer ein misverstandt, so muss er
doch gedenken, was er den schwachen schuldig sei, vnd das man der gantzen Chri-
stenheit zu dienst vnd gefallen mer schuldig ist, denn200 sich das zu enthalten, das201
alle Christen, freyhch ser wenige ausgenommen, achten, von gott verpotten seie,
vnd mman zweivelet, es möge sich das ein leder wol enthalten. Dann der ein gema-
hel202 hat, die zu ehelichen dienst von natur vnd willen tauglich ist, vnd wille, wie ei-
nem Christen zustehet, sein fleysch auch etwas im zaum halten, der wirdt sich ie203
wol mit einer frau vertragen mögen. Dafür haltens alle Christen, so solle ein leder
Christ mit Paulo mit warheyt sagen: »Als ich frey war von iederman, habe lch mich
doch lederman zum knecht gemacht.« i. Cor. <>[19]. Den verstendigen were leicht zu
dienen, ein Christ aber muss auch den unverständigen dienen. I 20 I
Aus diesem nun allen schleusst sich die fierde hauptvrsach, das niman nachzuge-
ben sei, mer dann ein weyb zu nemen, wann es gleych an 1m204 selb den chnsten
ebenso wemg verpotten were als den alten, auch ehliche liebe nit so schwerlich ver-
letzet, noch die ehgelübde, wie sie bei den Christen geschehen, mt also verpre-
chen205, Nemlich, das keinem Christen das nachzugeben206 ist, das schon an im20
selb von gott vnverpotten ist, aber auch on gefar göttliches zorns möge underlassen
werden, wenn dadurch das heilige Evangeli verschlagen vnd fil frommer onschuld-
lger menschen dadurch betrübet vnd von dem heiligen Evangeh abschew208 ge-
macht werden möchten. Dann offenbar ist, das ieman nachgeben, mer dann ein
weyb zu nemen, nit allein bei den klein verständigen, sondern auch bei den aller
grostverständigsten, so abschewlich209 gehalten wirdt, das sich meman anders zu
versehen210 hat, dann das es unser heilige lere, die on das noch bey so wenigen er-
stercket lst, ganz schwerlich verschlagen werde in aller welt. Nach dem dann die
196. zugestanden.
197. hier wohl gemeint: strenges Gebot.
198. jedenfalls, wemgstens.
199. üblich.
200. als.
201. was.
202. Gemahhn, Gattin.
203. jedenfalls, lmmer.
204. sich.
205. enden, aufhören.
206. zuzugestehen.
207. sich.
208. abspenstig.
209. gräßhch, abschreckend.
210. erwarten, (sich) gefaßt machen.
15. GUTACHTEN I UR PHILIPP VON HESSEN
zu: Der herr hat den alten vettern, mere dann ein weyb zu haben, mit gnaden nach-
geben196, darumb werde ers den Christen auch nachgeben, dann, wie gesagt, das
verpott197 der einzelnen ehen war den vettern nit gegeben, aber den Christen ist es
gegeben. Dann weil dis verpott gewiss ist der ersten einsetzung der ehe, so wirdt es,
wie gesagt, als ein gottlich verpott gehalten. Vnd ob man schon darüber noch zu dis-
putiren vermeint, so lsts doch ia198 gemein199 bey allen Christen one zweyfel.
Derohalben ob gleich einer meinen wolte, das wer ein misverstandt, so muss er
doch gedenken, was er den schwachen schuldig sei, vnd das man der gantzen Chri-
stenheit zu dienst vnd gefallen mer schuldig ist, denn200 sich das zu enthalten, das201
alle Christen, freyhch ser wenige ausgenommen, achten, von gott verpotten seie,
vnd mman zweivelet, es möge sich das ein leder wol enthalten. Dann der ein gema-
hel202 hat, die zu ehelichen dienst von natur vnd willen tauglich ist, vnd wille, wie ei-
nem Christen zustehet, sein fleysch auch etwas im zaum halten, der wirdt sich ie203
wol mit einer frau vertragen mögen. Dafür haltens alle Christen, so solle ein leder
Christ mit Paulo mit warheyt sagen: »Als ich frey war von iederman, habe lch mich
doch lederman zum knecht gemacht.« i. Cor. <>[19]. Den verstendigen were leicht zu
dienen, ein Christ aber muss auch den unverständigen dienen. I 20 I
Aus diesem nun allen schleusst sich die fierde hauptvrsach, das niman nachzuge-
ben sei, mer dann ein weyb zu nemen, wann es gleych an 1m204 selb den chnsten
ebenso wemg verpotten were als den alten, auch ehliche liebe nit so schwerlich ver-
letzet, noch die ehgelübde, wie sie bei den Christen geschehen, mt also verpre-
chen205, Nemlich, das keinem Christen das nachzugeben206 ist, das schon an im20
selb von gott vnverpotten ist, aber auch on gefar göttliches zorns möge underlassen
werden, wenn dadurch das heilige Evangeli verschlagen vnd fil frommer onschuld-
lger menschen dadurch betrübet vnd von dem heiligen Evangeh abschew208 ge-
macht werden möchten. Dann offenbar ist, das ieman nachgeben, mer dann ein
weyb zu nemen, nit allein bei den klein verständigen, sondern auch bei den aller
grostverständigsten, so abschewlich209 gehalten wirdt, das sich meman anders zu
versehen210 hat, dann das es unser heilige lere, die on das noch bey so wenigen er-
stercket lst, ganz schwerlich verschlagen werde in aller welt. Nach dem dann die
196. zugestanden.
197. hier wohl gemeint: strenges Gebot.
198. jedenfalls, wemgstens.
199. üblich.
200. als.
201. was.
202. Gemahhn, Gattin.
203. jedenfalls, lmmer.
204. sich.
205. enden, aufhören.
206. zuzugestehen.
207. sich.
208. abspenstig.
209. gräßhch, abschreckend.
210. erwarten, (sich) gefaßt machen.