I 5. GUTACHTEN FUR PHILIPP VON HESSEN
5^
ber nit zu fil nemen,355 also wirdt auch bei uns diese nachlassung356 den grossen357
herrn am wenigsten zu verpieten sein. Dann die vrsach auch, welche freylich bey
den alten bracht hat, das den königen vnd fürsten in disem mer nachgegeben worden
lst, bey vnsp gleich so fil stadt358 hat, als bey den alten: Wo fil gewalts, da gelustet fil,
vnd weyl das gewalt gross, so forchtet man auch wenig oder niman, daher hat man
sich von grossen herrn als359 geferlicher vnd schedlicher hurey vnd ehbruchs zu be-
sorgen vnd deshalben ist inen vnd denen, so sie in aller heyligkeyt regiren sollen, das
mittel vnd die artzeney wider solch schädhch hurey vnd ehbruchs auch mer von nö-
ten, Inen selb, damit sie mit guten gewissen regiren vnd nit vernichtetq in allerley la-
ster vnd vbel fallen, den underthanen, das ire herren heylige werkzeuge gottes bley-
ben, in denen der heilige geist auch stat habe vnd wirke, vnd sie gute exempel von
inen haben mögen.
Dis ist nun die hauptvrsach des anderen teyls mit irer erklerung vnd befestigung
gegen die einreden, so dawider gemacht worden. I j6 I
Antwort vff die vrsachen360 deren, so der ersten meinung sind
Die erste vrsach diser meinung beruwet daruff: Es sei em schwer ergernuss, die
Christenheyt zu bringen vmb das schen kleinodt361 der eintzelen ehe, welches ir
doch so eigentlich gepüret vnd durch alle kirchen regulen362 vnd keyserhche ge-
setz363, auch allegemein bewilligung, vffs herlicheste bestetiget vnd geheyhget ist.
Dise ergernuss aber wirde gewisslich eingefüret, wo ieman, vnd nemlich364 fürtreff-
lichen leuten, zugelassen würde, mer dann ein weyb zu haben. Darumb so sei solichs
niman vberal vnd am fürnemesten365 keinen fürtreffenden leuten nachzugeben.
p) konj. für fälschlich: yns.
q) konj. für fälschhch: vermchet.
355. Dtn 17,17.
356. Erlaß, Vergebung (für).
357. politischen Einfluß ausübenden.
358. Platz.
359. beständig.
360. Argumente, Begründungen.
361. Kostbarkeit.
362. Vgl. Decr. Grat. II, C.28, qu. 3, c. 1 f., Friedberg I, Sp. 1090E; vgl. auch Liber Extra, lib. 4,
tit.4, 7 und 21, Friedberg II, Sp. 680-682, 687-690 und 730-732; Altenstaig/Tytz, Lexicon, S. 101 f.
363. Der römische Junst Gaius verbietet die Bigamie m seinen Institutiones 1,63 (ca. 160—162);
vgl. oben S.496, Anm. 15; vgl. auch Cod. Just. 9,9,18, ClCiv II, S. 375. Die Bigamie wird ebenfalls in
der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532, Art. 121 und 198 (Kohler/Scheel, Caro-
lina, S. 63 und 102) unter Strafe des Ehebruchs gestellt. Obwohl dort nicht ausdrücklich von der To-
desstrafe die Rede lst, wurde 1m sächsischen Rechtsbereich Bigamie m der Regel mit Enthauptung
bestraft. In den fränkischen und oberdeutschen Städten wurde die Doppelehe üblicherweise mit
Ertränken bestraft. So wurden etwa m Straßburg Hans Heinrich Schoen am 5. September 1533 und
der Täufer Claus Frey am 22. Mai 1534 wegen Bigamie ertränkt, QGT 8 (Elsaß II), S. 321,29.
364. msbesondere.
365. wichtigsten.
5^
ber nit zu fil nemen,355 also wirdt auch bei uns diese nachlassung356 den grossen357
herrn am wenigsten zu verpieten sein. Dann die vrsach auch, welche freylich bey
den alten bracht hat, das den königen vnd fürsten in disem mer nachgegeben worden
lst, bey vnsp gleich so fil stadt358 hat, als bey den alten: Wo fil gewalts, da gelustet fil,
vnd weyl das gewalt gross, so forchtet man auch wenig oder niman, daher hat man
sich von grossen herrn als359 geferlicher vnd schedlicher hurey vnd ehbruchs zu be-
sorgen vnd deshalben ist inen vnd denen, so sie in aller heyligkeyt regiren sollen, das
mittel vnd die artzeney wider solch schädhch hurey vnd ehbruchs auch mer von nö-
ten, Inen selb, damit sie mit guten gewissen regiren vnd nit vernichtetq in allerley la-
ster vnd vbel fallen, den underthanen, das ire herren heylige werkzeuge gottes bley-
ben, in denen der heilige geist auch stat habe vnd wirke, vnd sie gute exempel von
inen haben mögen.
Dis ist nun die hauptvrsach des anderen teyls mit irer erklerung vnd befestigung
gegen die einreden, so dawider gemacht worden. I j6 I
Antwort vff die vrsachen360 deren, so der ersten meinung sind
Die erste vrsach diser meinung beruwet daruff: Es sei em schwer ergernuss, die
Christenheyt zu bringen vmb das schen kleinodt361 der eintzelen ehe, welches ir
doch so eigentlich gepüret vnd durch alle kirchen regulen362 vnd keyserhche ge-
setz363, auch allegemein bewilligung, vffs herlicheste bestetiget vnd geheyhget ist.
Dise ergernuss aber wirde gewisslich eingefüret, wo ieman, vnd nemlich364 fürtreff-
lichen leuten, zugelassen würde, mer dann ein weyb zu haben. Darumb so sei solichs
niman vberal vnd am fürnemesten365 keinen fürtreffenden leuten nachzugeben.
p) konj. für fälschlich: yns.
q) konj. für fälschhch: vermchet.
355. Dtn 17,17.
356. Erlaß, Vergebung (für).
357. politischen Einfluß ausübenden.
358. Platz.
359. beständig.
360. Argumente, Begründungen.
361. Kostbarkeit.
362. Vgl. Decr. Grat. II, C.28, qu. 3, c. 1 f., Friedberg I, Sp. 1090E; vgl. auch Liber Extra, lib. 4,
tit.4, 7 und 21, Friedberg II, Sp. 680-682, 687-690 und 730-732; Altenstaig/Tytz, Lexicon, S. 101 f.
363. Der römische Junst Gaius verbietet die Bigamie m seinen Institutiones 1,63 (ca. 160—162);
vgl. oben S.496, Anm. 15; vgl. auch Cod. Just. 9,9,18, ClCiv II, S. 375. Die Bigamie wird ebenfalls in
der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532, Art. 121 und 198 (Kohler/Scheel, Caro-
lina, S. 63 und 102) unter Strafe des Ehebruchs gestellt. Obwohl dort nicht ausdrücklich von der To-
desstrafe die Rede lst, wurde 1m sächsischen Rechtsbereich Bigamie m der Regel mit Enthauptung
bestraft. In den fränkischen und oberdeutschen Städten wurde die Doppelehe üblicherweise mit
Ertränken bestraft. So wurden etwa m Straßburg Hans Heinrich Schoen am 5. September 1533 und
der Täufer Claus Frey am 22. Mai 1534 wegen Bigamie ertränkt, QGT 8 (Elsaß II), S. 321,29.
364. msbesondere.
365. wichtigsten.