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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0532
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I 5- GUTACHTEN FUR PHILIPP VON HESSEN

528
weyb zu haben, nachgeben, füret ein eine schwere verletzung ehelicher liebe vnd
trewe, die sich dann nymer mer so wol erhalten mag, wo einer mer dann ein weyb
hat, als so443 einer nit mer dann eins hat. Derhalben ist nieman nachzugeben, vnd
bevorabe444 keinem gewaltigen445, mere dann eine zu haben, denn solichs als bald
dessen ein volge einfuren würde.
Hiruff gibt diser tey] dise antwort:
War ists: die Christen sollen m allen vffs volckomenste trachten vnd alles vnvol-
ckomen zum vleyssigsten verhiten, das aber der massen, das sie nieman versuchen,
das er, so er iiber seine gaben vnd vermögen zum volckomnisten tringen wille, nit al-
lein bet den vnvolckomenen guten mt bleybe, sonder falle in das gar bös vnd schedt-
hch, wie an den genanden446 geistlichen beschehen, welche, da sie über die eheliche
keuscheyt fhehen447 wolten vnd die flügel dazu nit hatten - das ist der besonderen
gaben gottes -, sind sie so weyt vnder die ehliche keuscheyt in die aller grausamste
schandt vnd onflat448 gefallen aller onzucht449, auch deren, die nit zu nennen ist.450
War ists m gemein, so wille sich mcht so fil ehlicher liebe vnd trewe erhalten las-
sen, wo emer mer dann ein weyb hat, als so einer allein eine hat, allemal wird er eine
vor der andern lieben vnd hinwider von einer mer denn der andern gehebt werden.
Sie auch, die weyber, werden I 33 I sich vndereinander vbel vertragen mögen451. Vnd
darumb muss vnd solle man frey bekennen, das dis ein schwer grosse onvolckomen-
heyt ist, mer dann ein weyb haben müssen, vnd auch ein onvolckomene ehe, wo man
mere denn eines hat. Wie fil aber der onvolckomenheyt hierin ist, noch452 hat sich
bey den alten aus gottes selb453 nachgeben alle dise onvolckomenheyt noch vnder
gottes gnaden vnd im grad vnd in den eren der heyligen ehen erhalten, so hurey in
alle ongnad gottes setzet vnd des reiches gottes gar enterbet. Vnd derhalben solle
man wol allen getrewen fleyss ankeren454, die leuten zu der eintzelen vnd volckome-
neren ehen mit besten fugen455, so man immer kann, zu leyten vnd furen, doch das-
selbige dergestalt vnd massen, das man dadurch nimant verursache, m einige on-

443. wie wenn.
444. zumal. Grimm i, Sp. 1759 f.
445. politische Macht Ausübenden, Machthaber.
446. sogenannten.
447. fliegen.
448. Schmutz.
449. Der Verzicht der altgläubigen Geisthchen auf das germgere Ubel der Ehe, weil diese mcht
»keusch« sei, habe dazu geführt, daß sie unter dem Vorwand der Keuschheit in das ungleich viel
schhmmere Ubel der sexuellen Promiskuität und Unmoral geraten sei.
450. Unter Unzucht, »die nit zu nennen ist«, sind unter Anspielung auf Eph 5,12 der homosexu-
elle Geschlechtsverkehr (Grimm 23 [=XI,3], Sp. 1208; Grimm 20 [=X,4], Sp. 395 f.) oder auch die se-
xuelle Selbstbefriedigung (Grimm 20 [=X,4], Sp. 397) gemeint; vgl. Ozment, Age of Reform, S. 383
mit Anm. 5.
451. können.
452. noch ... noch: weder ... noch.
453. eigenem.
454. daran wenden.
455. Recht, Angemessenheit.
 
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