8. tübinger konkordie
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Schwenckfelds unmittelbar am Konflikt beteiligt war. Wenn wir diesem Bericht
Glauben schenken dürfen, bot das Kolloquium Schwenckfeld ausgiebig Gelegenheit,
seine Position selbstbewußt auszubreiten und hierfür, wenn nicht von den
Theologen, so doch zumindest von den württembergischen weltlichen Amtsinhabern
Annerkennung zu bekommen. ¹ Jedenfalls stellte die wohl von den Vorsitzenden
aufgezwungene ² Abmachung einen enormen Erfolg für Schwenckfeld dar. ³
Diese ›Konkordie‹ sah zum einen vor,daß beide Konfliktparteien das von der jeweils
anderen Seite begangene Unrecht verzeihen und fortan auf jegliche feindselige
Handlung verzichten. Zum anderen stellte sie an jede Partei zusätzliche, spezifischere
Forderungen: Schwenckfeld solle die Legitimät der Amtshandlungen der bestehenden
reformatorischen Kirchen nicht in Frage stellen; durch ihre Formulierung
suggeriert die ›Konkordie‹ jedoch, daß er dies ohnehin nicht getan habe, und
entbindet ihn gar von dieser Forderung für den Fall, daß die Amtskirche ihren
Dienst nicht »christenlich vnnd getrewlich« versieht ⁴ . Von Bucer, Blarer und
Frecht wird erwartet, daß sie darauf verzichten, Schwenckfeld direkt oder durch
Mittelsmänner als einen Gegner der Kirche zu bezeichnen, und von sonstigen Aktivitäten
abzusehen, die für den Schlesier von Nachteil sein könnten. So stellt die
›Konkordie‹ gewissermaßen ein »Stillhalteabkommen« ⁵ dar.
2. Überlieferung
Überliefert ist die ›Konkordie‹ in vier Handschriften ⁶ :
a: Ulm StArch, A 1208 II, fol.780 ʳ / ᵛ .Hierbei handelt es sich um eine Abschrift von
unbekannter Hand, die Schwenckfeld selbst am 3. November 1536 dem Ulmer
Rat überreichte ⁷ .Dies geht aus dem Eintrag auf fol.781 ᵛ hervor: »Vertrag zwu-
schen Herr Casparn schwenckfeldtVnnd ettlichen Cristenlichen predicanten jnn
sachen, die religion belangendt, Vbergeben von jme, Herrn Caspar Schwengkfeldt
Freitags nach Simonis vnnd Jude anno dXXXVj«. Sie liegt unserer Edition
zugrunde. ⁸
1. Vgl. die nützliche Zusammenfassung in Brecht/Ehmer, Südwestdeutsche Reformationsgeschichte,
S.238.
2. Sodie Interpretation Brechts und Ehmers (vgl. oben Anm. 1).
3. Vgl. oben S. 413, Anm. 3.
4. Vgl. unten S. 424,1f.
5. Weigelt, Von Schlesien nach Amerika, S. 69.
6. Im folgenden schließen wir uns den Überlegungen der Herausgeber des Corpus Schwenckfeldianorum
bezüglich des Alters und der relativen Zuverlässigkeit der jeweiligen Handschriften an
(vgl. CSch VI, S. 328f.).
7. Vgl. Endriß, Schwenckfelds Ulmer Kämpfe, S.20–27.
8. Vgl. die Abbildung auf S.417.
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Schwenckfelds unmittelbar am Konflikt beteiligt war. Wenn wir diesem Bericht
Glauben schenken dürfen, bot das Kolloquium Schwenckfeld ausgiebig Gelegenheit,
seine Position selbstbewußt auszubreiten und hierfür, wenn nicht von den
Theologen, so doch zumindest von den württembergischen weltlichen Amtsinhabern
Annerkennung zu bekommen. ¹ Jedenfalls stellte die wohl von den Vorsitzenden
aufgezwungene ² Abmachung einen enormen Erfolg für Schwenckfeld dar. ³
Diese ›Konkordie‹ sah zum einen vor,daß beide Konfliktparteien das von der jeweils
anderen Seite begangene Unrecht verzeihen und fortan auf jegliche feindselige
Handlung verzichten. Zum anderen stellte sie an jede Partei zusätzliche, spezifischere
Forderungen: Schwenckfeld solle die Legitimät der Amtshandlungen der bestehenden
reformatorischen Kirchen nicht in Frage stellen; durch ihre Formulierung
suggeriert die ›Konkordie‹ jedoch, daß er dies ohnehin nicht getan habe, und
entbindet ihn gar von dieser Forderung für den Fall, daß die Amtskirche ihren
Dienst nicht »christenlich vnnd getrewlich« versieht ⁴ . Von Bucer, Blarer und
Frecht wird erwartet, daß sie darauf verzichten, Schwenckfeld direkt oder durch
Mittelsmänner als einen Gegner der Kirche zu bezeichnen, und von sonstigen Aktivitäten
abzusehen, die für den Schlesier von Nachteil sein könnten. So stellt die
›Konkordie‹ gewissermaßen ein »Stillhalteabkommen« ⁵ dar.
2. Überlieferung
Überliefert ist die ›Konkordie‹ in vier Handschriften ⁶ :
a: Ulm StArch, A 1208 II, fol.780 ʳ / ᵛ .Hierbei handelt es sich um eine Abschrift von
unbekannter Hand, die Schwenckfeld selbst am 3. November 1536 dem Ulmer
Rat überreichte ⁷ .Dies geht aus dem Eintrag auf fol.781 ᵛ hervor: »Vertrag zwu-
schen Herr Casparn schwenckfeldtVnnd ettlichen Cristenlichen predicanten jnn
sachen, die religion belangendt, Vbergeben von jme, Herrn Caspar Schwengkfeldt
Freitags nach Simonis vnnd Jude anno dXXXVj«. Sie liegt unserer Edition
zugrunde. ⁸
1. Vgl. die nützliche Zusammenfassung in Brecht/Ehmer, Südwestdeutsche Reformationsgeschichte,
S.238.
2. Sodie Interpretation Brechts und Ehmers (vgl. oben Anm. 1).
3. Vgl. oben S. 413, Anm. 3.
4. Vgl. unten S. 424,1f.
5. Weigelt, Von Schlesien nach Amerika, S. 69.
6. Im folgenden schließen wir uns den Überlegungen der Herausgeber des Corpus Schwenckfeldianorum
bezüglich des Alters und der relativen Zuverlässigkeit der jeweiligen Handschriften an
(vgl. CSch VI, S. 328f.).
7. Vgl. Endriß, Schwenckfelds Ulmer Kämpfe, S.20–27.
8. Vgl. die Abbildung auf S.417.