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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0077
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5. Artikel der Schulvisitation 1574

5. Artikel der Schulvisitationa
9. Juni 1574

Uff nechstgehaltner schuolvisitation einem ersamen
rath durch die verordnete schuolvogt befundner sa-
chenn gethonen relation ist inen, schuolvogtenn,
dem praeceptori unnd provisori der lateinischen
schuol, nachvolgennde puncten, wie auch dem teut-
schen schuolmeister, deren ettliche zu iniungieren,
von wolgemelttem ersamen rath bevolhen:
1. Erstlich, das der praeceptor in superiori classe das
ele[me]ntale graecum uff zeitt, tag unnd stundt, inn
der hievor ubergebnen schuolordnung1 begriffen,
den jungen, so deßen vähig sein mögen, ohne einige
weittleiffigkeitt fein, simpliciter, schleinig2, kurtz
fürhaltten, darinnen fürderlichen procedieren unnd
deßen trewlich unnderrichten, auch bis das sie solch
elementale durchaus angehörtt unnd allso ettlicher
maßen prima elementa graecae linguae ergriffen,
nichts darzu dictieren solle. Damit sie auch im le-
senn unnd interpraetiern graecae linguae desto mehr
geübt, mag den perfectioribus, alls so die declinatio-
nes et coniugationes ettlicher maßen ergriffen, das
sonn- unnd feyertäglich evangelium, am sambstag
oder feyerabendt graece zulesen unnd latine zu in-
terpraetiern, furgeben werden.
2. Am anndern, so sollen auch weder praeceptor
noch provisor weder die authores noch die horas lec-
tionum ohne erlangte bewilligung der schuolvögt für
sich selber proprio motu ennderenn und variern,
sonnder | die inn der schuolordnung3 bestimpte au-
thores zu gewonlichen unnd auch daselbst benant-
ten stunden inen gevlißen fürhaltten. Im vhal, sie
aber was ennderung diß ortts anzustellen sein für
nottwendig achten wurden, megen sie solches in
halttennder visitation den verordneten jedesmals
anbringen unnd daruber von inen geburendes be-
scheidts erwartten.
a Textvorlage (Handschrift): StadtA Reutlingen A 1,
Nr. 6963.

1 Siehe oben, Nr. 3.
2 Schleunig, rasch.

3. Nachdem auch (fürs dritt) bißhero, wider an-
derer enden trivial schuolen4 brauch unnd gewon-
heitt, den schuolern vilfelttige unnd ubermeßige va-
cationes gegündt unnd geben unnd allso was hievor
erlernet, solche zeitt schier mehertheils vergeßen
wirdt, so ist eines ersamen raths bevelch unnd mey-
nung, das selbige feriae etwas restringiert unnd ein-
zogen unnd gleichwol die wechenliche, alls nemlich
zeinstags5, donderstags unnd sambstags, pleiben
unnd die kinder selbiger jedes tags ohngevarlich
nach ein uhr der schuol gefreyet und erlaßen, aber
zu ostern unnd pfingsten wie auch zur fasnacht al-
lein der montag unnd zeinstag, zu weyhenacht die
zwen volgennde, am jarmarckt auch zwen unnd zu
herpstzeitten vierzehen tag zu vacieren gegeben sol-
len werden.
4. Es sollen auch (fürs viertt) der praeceptor und
provisor ein zimliche mas in castigandis pueris hal-
tten unnd sie nit ohngebürlicher weis mit den henn-
den oder ruotten zum kopff oder in das angesicht
(wie bißhero ettliche clagen von den elttern fürkom-
men) ohnwirsch schlagen, dardurch dan der | jugent
die schuol entleidet unnd ganntz verhast gemacht
wirde, sonder der sachen notturfft unnd ingeniorum
gelegenheitt nach (die sie sonnderlich bey jetwede-
rem woll erwegen sollen) ohne einigen affect casti-
giern unnd zuchtigenn unnd hierinnen licitum mo-
dum castigandi nitt excedieren.
5. Zum funfften, das zu kalttenn unnd wintters
zeitten allein die schuoler, so von jugent wegen und
das sie mit nottwendiger kleidung nitt versehen, nit
pleiben könden, an son- unnd feyerteglichen predi-
gen außer der kirchen gelaßen und die anndere, so
pleiben wie zu warmer zeitt, alle miteinander zu
gevlißner anher des worts Gottes gehaltten, auch
deßwegen nach vollendter kirchen, wan man wider
3 Siehe oben, Nr. 3.
4 Lateinschulen, vgl. für Württemberg Sehling, EKO
XVII/1, S. 519.
5 Dienstags.

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