Einleitung
sche45 Katechismen, wohl Wolfgang Capitos „Kinderbericht“ von 1527, Andreas Althamers Nürnberger
Katechismus von 1528 sowie derjenige Johann Agricolas.46 Der Ulmer Prediger Konrad Sam verfasste 1528
schließlich einen eigenen, zwinglianisch geprägten Lehrtext, mit dem er die übrigen größtenteils wittenber-
gisch orientierten Katechismen verdrängen wollte.47 Das Besondere an Sams Text ist, dass er aus Teilen
sämtlicher in Ulm kursierender Katechismen zusammengestellt ist.48 Der Katechismus war damit zwar neu,
aber keinem völlig fremd.
Wie in dem Gesuch der Schulkommission vom 24. August 1526 gefordert, wurde Sams Katechismus in
den Schulen eingesetzt, zum einen, um elementare Lese- und Schreibkenntnisse zu vermitteln, zum anderen,
um die evangelische Glaubenslehre zu verbreiten, wie aus der Vorrede des Ulmer Schulmeisters Michael
Brothag hervorgeht: nitt allain diß büchlin, sonder auch alle andere Göttliche schrifft nach gelegenhait der zeyt
unnd fässigkait der jungen fürgeben und leeren und dasselbig durch grund der sprachen.49 In der Kirchenord-
nung von 1531 (Nr. 5) wurde den Schulmeistern wiederholt nahegelegt, die Kinder im Katechismus zu
unterrichten.
Der Katechismus von 1528 ist nur in einem einzigen unvollständigen Exemplar erhalten, der Text bricht
nach Abhandlung des sechsten Gebots ab.50 Nach Sams Tod (1533) erschien 1536 eine zweite, stark über-
arbeitete Auflage, in der zahlreiche Fragen gestrichen, andere hinzugefügt worden sind.51 Die neue Ausgabe
greift in der am Schluss angefügten Sakramentenlehre zum Teil wörtlich auf Capitos „Kinderbericht“
zurück.52 Im Gegensatz zur Erstauflage findet sich 1536 das reichsstädtische Wappen auf dem Titelblatt des
Katechismus. Diese Auflage, die damit den Charakter eines offiziellen Dokuments aufweist und zudem den
vollständigen Text bietet, dient hier als Editionsvorlage. Die Abweichungen des Erstdrucks von 1528 wur-
den in den textkritischen Apparat aufgenommen. Eine dritte Auflage von Sams Katechismus erschien
vermutlich 1540, das Jahr des Druckes ist nicht angegeben. Sie ist im Gegensatz zu ihren beiden Vorgän-
gerinnen nicht in Ulm sondern in Augsburg bei Philipp Ulhart gedruckt.53
Sams Katechismus war bis zum Interim in Gebrauch.54 Nach Wiederaufrichtung des evangelischen
Kirchenwesens in der zweiten Jahrhunderthälfte wurde er 1561 von Ludwig Rabus’ Katechismus (Nr. 21)
abgelöst.
3. Einführung der Reformation nach zwinglianisch-oberdeutschem Muster 1530-1533
Auf dem Speyerer Reichstag 1529 setzte die Reichsstadt Ulm zwar ihre Unterschrift unter die Protestation
und signalisierte damit die Bereitschaft zur Einführung der Reformation, auch erkundigte sich der Ulmer
Rat am 21. August 1529 in Straßburg55 und wenig später in Konstanz,56 Zürich,57 Basel,58 Hessen59 und
Kursachsen60 nach Maßnahmen, die man dort zur Neugestaltung des Kirchenwesens unternommen hatte,
45 So die Vorrede in Konrad Sams Katechismus von 1528,
siehe unten, S. 97-100.
46 Genaue Nachweise unten, S. 98 Anm. 6-8.
47 Zur Verfasserschaft Sams siehe Breitenbruch, Pre-
digt, S. 58.
48 Cohrs, Katechismusversuche 3, S. 80. Dort sowie bei
Haller, Katechismusliteratur 1905, S. 59-69 detail-
lierte Nachweise.
49 Siehe unten, S. 98.
o0 Vgl. Cohrs, Katechismusversuche 3, S. 87f.
51 Eine Gegenüberstellung der Inhalte beider Ausgaben
bieten Cohrs, Katechismusversuche 3, S. 86-92 und
Haller, Katechismusliteratur 1905, S. 49-57.
52 Siehe unten, S. 117-120 „Von den heiligen Sacramenten“.
53 Reu, Katechismen, S. 299; Cohrs, Katechismusversu-
che 3, S. 85.
54 Reu, Katechismen, S. 299.
55 Die Straßburger Prediger übersandten die Schrift „Der
Prediger Bericht ihrer lehr halb“ nach Ulm. Abdruck in
Bucer, Deutsche Schriften 4, S. 365-373. Abdruck des
Abschnitts zur Schule in Bucer, Deutsche Schriften 7,
S.507-509.
56 Konstanz übersandte seine Reformationsordnung,
StadtA Ulm A [8983/I] fol. 30r-35a. Abdruck in Seh-
65
sche45 Katechismen, wohl Wolfgang Capitos „Kinderbericht“ von 1527, Andreas Althamers Nürnberger
Katechismus von 1528 sowie derjenige Johann Agricolas.46 Der Ulmer Prediger Konrad Sam verfasste 1528
schließlich einen eigenen, zwinglianisch geprägten Lehrtext, mit dem er die übrigen größtenteils wittenber-
gisch orientierten Katechismen verdrängen wollte.47 Das Besondere an Sams Text ist, dass er aus Teilen
sämtlicher in Ulm kursierender Katechismen zusammengestellt ist.48 Der Katechismus war damit zwar neu,
aber keinem völlig fremd.
Wie in dem Gesuch der Schulkommission vom 24. August 1526 gefordert, wurde Sams Katechismus in
den Schulen eingesetzt, zum einen, um elementare Lese- und Schreibkenntnisse zu vermitteln, zum anderen,
um die evangelische Glaubenslehre zu verbreiten, wie aus der Vorrede des Ulmer Schulmeisters Michael
Brothag hervorgeht: nitt allain diß büchlin, sonder auch alle andere Göttliche schrifft nach gelegenhait der zeyt
unnd fässigkait der jungen fürgeben und leeren und dasselbig durch grund der sprachen.49 In der Kirchenord-
nung von 1531 (Nr. 5) wurde den Schulmeistern wiederholt nahegelegt, die Kinder im Katechismus zu
unterrichten.
Der Katechismus von 1528 ist nur in einem einzigen unvollständigen Exemplar erhalten, der Text bricht
nach Abhandlung des sechsten Gebots ab.50 Nach Sams Tod (1533) erschien 1536 eine zweite, stark über-
arbeitete Auflage, in der zahlreiche Fragen gestrichen, andere hinzugefügt worden sind.51 Die neue Ausgabe
greift in der am Schluss angefügten Sakramentenlehre zum Teil wörtlich auf Capitos „Kinderbericht“
zurück.52 Im Gegensatz zur Erstauflage findet sich 1536 das reichsstädtische Wappen auf dem Titelblatt des
Katechismus. Diese Auflage, die damit den Charakter eines offiziellen Dokuments aufweist und zudem den
vollständigen Text bietet, dient hier als Editionsvorlage. Die Abweichungen des Erstdrucks von 1528 wur-
den in den textkritischen Apparat aufgenommen. Eine dritte Auflage von Sams Katechismus erschien
vermutlich 1540, das Jahr des Druckes ist nicht angegeben. Sie ist im Gegensatz zu ihren beiden Vorgän-
gerinnen nicht in Ulm sondern in Augsburg bei Philipp Ulhart gedruckt.53
Sams Katechismus war bis zum Interim in Gebrauch.54 Nach Wiederaufrichtung des evangelischen
Kirchenwesens in der zweiten Jahrhunderthälfte wurde er 1561 von Ludwig Rabus’ Katechismus (Nr. 21)
abgelöst.
3. Einführung der Reformation nach zwinglianisch-oberdeutschem Muster 1530-1533
Auf dem Speyerer Reichstag 1529 setzte die Reichsstadt Ulm zwar ihre Unterschrift unter die Protestation
und signalisierte damit die Bereitschaft zur Einführung der Reformation, auch erkundigte sich der Ulmer
Rat am 21. August 1529 in Straßburg55 und wenig später in Konstanz,56 Zürich,57 Basel,58 Hessen59 und
Kursachsen60 nach Maßnahmen, die man dort zur Neugestaltung des Kirchenwesens unternommen hatte,
45 So die Vorrede in Konrad Sams Katechismus von 1528,
siehe unten, S. 97-100.
46 Genaue Nachweise unten, S. 98 Anm. 6-8.
47 Zur Verfasserschaft Sams siehe Breitenbruch, Pre-
digt, S. 58.
48 Cohrs, Katechismusversuche 3, S. 80. Dort sowie bei
Haller, Katechismusliteratur 1905, S. 59-69 detail-
lierte Nachweise.
49 Siehe unten, S. 98.
o0 Vgl. Cohrs, Katechismusversuche 3, S. 87f.
51 Eine Gegenüberstellung der Inhalte beider Ausgaben
bieten Cohrs, Katechismusversuche 3, S. 86-92 und
Haller, Katechismusliteratur 1905, S. 49-57.
52 Siehe unten, S. 117-120 „Von den heiligen Sacramenten“.
53 Reu, Katechismen, S. 299; Cohrs, Katechismusversu-
che 3, S. 85.
54 Reu, Katechismen, S. 299.
55 Die Straßburger Prediger übersandten die Schrift „Der
Prediger Bericht ihrer lehr halb“ nach Ulm. Abdruck in
Bucer, Deutsche Schriften 4, S. 365-373. Abdruck des
Abschnitts zur Schule in Bucer, Deutsche Schriften 7,
S.507-509.
56 Konstanz übersandte seine Reformationsordnung,
StadtA Ulm A [8983/I] fol. 30r-35a. Abdruck in Seh-
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