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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0127
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2. Ulmer Katechismus des Konrad Sam 1528/1536

Ain hailge Christenliche kirchen
Frag: Was verstastu bey disem artickeh?
Ant.: Diser artickel des glaubens lauttet dem
buchstaben nach also: Ain haylge gemaine kirchen,
dann Catholicus haist gemain.
Frag: Warzu ist das gut zu wissen?
Ant.: Darzu, das man darauß lernet, was die
Christenlich kirch sey, namlich das Christenlich
volck, wölches sich uff das blut und sterben Christi
als uff das einig gnaden pfand verlasts.
Frag: Was verstast du bey dem wort „Kirch“?
Ant.: Das wort Kirch haißt aygentlich ain
gmain oder versamlung. Demnach ist die Christen-
lich kirch nichts anders dann die menge aller gleu-
bigen, die da glauben, got wöll sy selig machen
durch Christum Jesum, der für unser sünd gnug ge-
thon hat.

r 1528: artickel, ain hailige, Christenliche kirchen.
s 1528: verlast. Frag: Seind die Bäpst, Cardinäl unnd Bi-
schöff mitt den gelerten die recht Christenlich kirch?
Ant.: Die Apostel, Bischoff unnd alle die, so ämpter in
der kirchen tragen, mügen kain sonder Kirch sein, aber
mitt dem gemainen volck ain gmaine kirch, das ist ain
gmaine versamlung, so sy dem wort Gottes glauben.
Darumb lernen die Bäpstler falsch, wann sy sagen, der
Bapst mit seinen Cardinälen und Bischoffen sey die
Christenlich Kirch. Dem irthumb und falsch haben die
alten Christen wöllen wören mit dem wörtlin „gemaine
Kirchen“. Ist sy gemain, so ist sy von allen Christen
versamlet unnd nit allain von den beschornen gesellen.
Wie das Patrem noch klärlich außtruckt, da stadt ain
hailige gemaine Apostolische kirchen [BSLK S. 26f.].
Frag: Warumb stadt das wörtlin „In“ nitt auch da wie in
den vorigen artickeln? Du sprichest: Ich glaub in ain
Got, In Jesum Christum, In den hailigen Gayst, aber da
sagstu: Ich glaub ain hailige, gemaine kirchen, warumb
sagt man nit auch: In ain hailige, gmaine kirchen?
Ant.: Wir sollen in kain Creatur gelauben, wie oben an-
zaygt ist, sonder allain in Gott. Das wort „glaub“ wirt
für vertrawen genommen, so ich sag: Ich glaub in Got.
Es wirt aber darumb nit also genommen durch alle ar-
tickel oder wir müsten auch die aufferstehung des
flaysch vertrawen, das ist nit, sonder wir glauben, das
die aufferstehung des flaisch sein werd. Also vertrawen
wir auch nit in die hailigen Christenliche kirchen, das ist,

Frag: Waruff stat die Christenlich | Blv| kirch?
Ant.: Sy ist uff den fölsen Christum gebauwen,
Math. 16[18]33. Der Christus ist auch allain ir
haupt, Ephe. und Coloss. 1 [Eph 1,22; Kol 1,18], nit
der Bapst.
Frag: Wa ist die christenlich kirch?
Ant.: Allenthalb wa die glöbigen send, wölche
von hertzen glauben und fromm send, die send all
glider der kirchen, wie die nachvolgenden wort an-
zaigen, sö man im glauben weiter spricht.
Ain gemainsame der haylgen
Frag: Was verstast du bey den worten?
Ant.: Ich verston nichts anders, dann das die ge-
main kirch sei die gantz menge aller gleubigen. Die
werden diet haylgen genant, gleich wie Paulus die
glöbigen zu Rom, zu Corintho unnd annderßwo
haylgen nennt34. Durch das blut Christi werden wir
gehayliget, u1. Johan. 1 [7]u.

wir vertrauwen nit in die versamlung der gläubigen, wel-
che Creaturen seind, sonder wir glauben, das ain versam-
lung oder gemain der gläubigen sey etc.
t 1528: hie.
u-u 1528: Das wort Sanctus haißt bey den Latinern frumm
und unbefleckt.
Frag: Sag mir in ainer summ die mainung von der Chri-
stenlichen kirchen.
Ant.: Ich gelaub, das auff erd sey ain gemain der Chri-
sten, dero grund ist Christus mitt seinem wort. Die seind
erben Gottes unnd miterben Christi, Die an allen gut-
tern Christi ain gemainschafft haben, Darumb sy auch
ain gemainschafft der Hailigen haissen. Sy hond allge-
mainlich ain wort unnd ain Evangelium, alle, die sälig
worden seind von anfang der welt unnd werden biß zu
end, Eben das Evangelium, das den frummen Habel
unnd Abraham hatt sälig gemacht, wirdt uns all sälig
machen und den letsten hailgen, 1. Cor. 10 [3-4]: Sy ha-
ben all ain gaystliche speyß geessen und haben all von
ainem tranck getruncken. Sy trancken aber von dem
gaystlichen felsen, der hernach kam, wellicher felß war
Christus.
Frag: Bey dem artickel merck ich wol, das Christen leut
auff erden seind, unnd hör aber täglich von etlichen, die
sich des worts rümen, es sey kain Christ auff erden?

33 Vgl. 1Kor 10,4.
34 Röm 1,7; 1Kor 14,33.

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