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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0134
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Ulm

ernert, mit sorg und angst erzogen, das solt du inen
widerumb thun, | C2r | wenn sie des bedörffenr.
Frag: Würd nichts mehr in dem vierten Gebott be-
folhen, dann die Eltern ehren?
Ant.: Von den Eltern kompt das regiment an die
weltlich Oberkeit, Dann wie die Eltern daheym im
hauß über ires kind und haußgesind walten, also
waltet die Oberkeit über sie in der gemeyn.
cDarumb ist man auch schüldig, der Oberkeit ge-
horsam zu sein, Rom. 13 [1]'.
Frag: Ist man auch schüldig, gehorsam zu sein dem
gewalt der geistlichen?
Ant.: Der geistlich gwalt ist der gwalt des Gött-
lichen worts, darmit wir lerenu, ermanen, straffen,
bannen unnd die gemein reinigen, da soll man ge-
horsam sein nit inen, sonder got, des wort sie füren.
Das sie aber weltlich regiment füren und wie die
weltlichen Herrn regieren, ist der geschrifft wider.
Luc. 22 [26] sagt Christus: Ir aber nicht also. Paulus
wil auch über niemands herschen des glaubens halb,
2. Cor. 1v [24].
Wie heißt das fünfft gebot?
Ant.: Du solt nit tödten. | C2v |

r 1528: bedörffen. In summa, du solt wissen, das Vatter
und Muter dir von Got geben seind, deßhalben solt du
inen zucht unnd eer erzaygen, inen volgen, underthänig,
willig und gehorsam sein, inen liebs unnd guts thun, wie
sy dir gethon haben, sy neeren unnd für sy im alter sor-
gen, So wirdt dir Gott dein leben fristen. Du solt dich
auch deiner eltern nitt schämen, ob sy schon arm unnd
niders standts wären: Hatt es Gott gefallen, das er dir
ain solchen vatter geb, so laß dirs auch gefallen. Ist dein
mutter Gott, dem Herren, gutt gewesen zu ainer werck-
stat, darinn er dein seel erschaffen und dein leib gefor-
met hatt, Warumb woltest du, armer sünder, die werck-
statt Gottes verachten oder dich deiner mutter schämen?
s 1528: die.
t-t 1528: Darumb ist auch der oberen Ampt, das sy vätter
seyen, yederman gutts thüen und nyemandt weder gwalt
noch unrecht widerfarn lassen. Thund sy das nitt, so
seind sy Tyrannen, gesellen der dieb und mörder, wie sy
David und Esaias nennen. Welltlicher Oberkait soll man
gehorsam sein, Roma. 13 [1]. Unnd welcher ain Christ
wil sein und sich des Evangeliums berümen, der soll sich

Frag: wWie verstehstu dasw?
Ant.: Das gebot legt Christus selbs auß, Math. 5
[21-26], und lert in einer Summ, das es sovil ist: Du
solt nit tödten, als du solt nicht zürnen noch rach
begeren, kein neid noch haß tragen, niemant verach-
ten oder übel nachreden, niemantx mit rath noch
that erwürgen45, sonder fridlich und freuntlich mit
jederman sein, kein zorn noch unwillen erzeigen,
weder mit geberden noch zeichen, weder mit worten
noch wercken.
Frag: Verbeut das Gebot auch den zorn, haß und
widerwillen gegen unserem nechsten?
Ant.: Ja. Christus sagt selbs an gemeltem ort,
unnd 1. Johan. 3 [15] spricht Johannes: Welcher sei-
nen Bruder haßt, der ist ein todtschläger. Es hilfft
vor Got nicht, das man der faust weret, weil die
vergiffte wurtzel, der zorn, im hertzen steckt, dann
got ist ein hertzkündiger46, sicht in grundt der heim-
lichen gedancken und begirden47. Darumb, wer dem
gebot unnd anderen recht under die augen sicht, der
lernet, das man dem hertzen weren muß, das ist, den
gedancken und begirden der zungen, den | C3r | au-
gen, den ohrn und allem dem, das sich zur Sünd
regty.

mitt kainer ungehorsam mercken lassen, wa es leyb oder
gutt antrifft, es sey in der leibaygenschafft oder sonst zu
Herren diensten, die weil die weltlich Oberkait von Got
verordnet ist. Wer ir widerstrebt, der widerstrebt der
ordnung Gottes und felt in das urtayl Gottes.
u 1528:lernen.
v 1528: 2. Cor. 1. Petrus verbeut den dienern deß worts,
das sy niemannt zwingen sollen. Weyl nun die göttlich
schrifft nichts sagt von weltlichem gwalt der Bischoff
etc., so kan ich auch nichts darvon sagen, mir ist ye ver-
botten zu liegen, etc.
w-w 1528: Was hayßt „du solt nit tödten“?
x 1528: niemant weder.
y 1528: regt. Frag: Warmit sündet man am maysten wider
das gebott?
Ant.: Wir haben ain klain, gering glid, damitt wir täglich

45 Töten.
46 Apg 15,8.
47 Vgl. Sir 42,18.

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