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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0310
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Ulm

sich geprauchen lassen solte, unnd wann sie diesel-
big haben werden, mit derselben uff ein jerlich wart-
gelt dermassen, wann die leuff angiengen, das als-
dann derselben person ein merers gegeben wurde
und auch jetzo bestimpt werden mechte, handlen
und hienacher dieselb und waß sie mit ir gehandlet,
einem e. rath zu seiner ratification anpringen und
benennen solten.
Unnd daß fir ains ersamen raths resolution uff
das uberraichte bedencken.
Demnach sich aber bißanhero noch allerlay mer ein-
gefallne gebrechlichheiten und auch nit minder be-
schwerliche mengel bey dem kirchen weßen ereugt,
hat ein e. rath uß | billichem christlichem eiffer, die-
selben hieneben anzurögen unnd dem ministerio
unnd predigern pro appendice und zu irem nach-
dennckhen firhalten zulassen, auch nit umbgen ken-
den unnd sollenω.
Nemlich und erstlich, obwol ein e. rath vor der
zeit uß gutem, netigen bedenncken under anderm
die jerliche visitationes verordnetα19 zu dem ende,
das allerhandt teglichs einfallende unrichtigkaiten
im kirchenweßen dardurch abgeschafft und verbös-
sert wurdenβ, das doch aber solche anordnung schier
und gar nahe20 in dem zu grund gefallen, das, obwol
die mengel bißanhero gesehen worden, das doch kein
wirckliche abschaffung ervolgen wellen, so ist ein e.
rath dahin entschlossen, solche visitationis ordnung
wider in sein anfengclichen stanndt uffzurich-
tenn, dieselb continuieren und darob halten und an
ime an wircklicher execution in abschaffung der un-
ordenlicheiten sonder ainichen respect nichts erwin-
den zulassenγ.

ω Appendices propter ministerium [verschrieben: ministe-
rii].
α Järliche visitationes verordnet.
β Vißitation [fehlt B].
γ Executio visi[tationis] nichts erwinden laßen [„nichts er-
winden laßen“ fehlt B].
δ Prediger uffm landt fleißig studiren.
ε Privata studia alle 1/2 jar exerciern. In gemain den mi-
nistris [verschrieben: ministros] aufftragen. B: Privata
studia alle 1/2 Jahr D. Veß. proferieren.
ζ Die privat studia im convent den andern eroffnen.
B: Dan das ministerium solche abhören.

Allso unnd zum andern gelangt an einen e. rath
und ist offenpar am tag, das die pfarrhern und pre-
diger uff dem lanndt in eins e. raths herrschafften
eben guten theils in hinleßigkait irer studien und
von irer bibel gerathen. Darmit sie dann zum schul-
digen fleiß ange- | haltenδ, auch ire studia privata
jederzeit desto mer exploriert unnd fortgetriben
werden, so ist dem ministerio alhie uffgetragen, das
jedes halbe jar denselben, sonderlich aber den jun-
gen, ein liber biblicus zustudirn firgegeben, die sum-
ma unnd vornembste lehren daruß zuverzaichnen,
und da uß firfallenden verhinderungen etwan die
visitationes solten verpleiben, das sie alßdann solche
ire dariber verfertigte schrifft dem herrn doctori Ve-
senbeckio21, alls jetziger zeit inspectoren, selbs zu-
stöllen oder yberschickenε; darauß nit allein ir pro-
fectus und studia erkundiget, sonder auch das dar-
bei erlernet werden mege, uff den fall, das alhie bei
der statt mangel oder abganng der prediger entsten
solte, woher man jeder zeit der abgegangenen stöl-
linen wider ersetzen mechte und man nicht jeder
zeit frembde daher vocieren dörffte; doch das in all-
wege gemelter herr D. Vesenbegkh oder ein jeder
nachvolgende inspector solche schrifft den ministris
alhie conventualiter zu iren zuegelassnen conventi-
bus firtrageζ oder je den innhalt derselben und da-
ruß befundnen fleiß oder unfleiß, tuglicheit oder un-
tuglicheit refe- | riere unnd alßdann, wo netig, eins
oder deß andern gelegenheit an gebirenden orten an-
pringe oder biß zu den ordenlichen visitationen ein-
stelle.
Das es auch, zum driten, ain ybel ansehen habe,
das die herrn prediger alhie zu festen oder feirtegen
etwan uff einen tag ein text22 zum driten mal firlesen

n B: zurichten.
19 In Ulm wurden nach dem Interim seit 1557 regelmäßig
jährliche Visitationen durchgeführt, siehe Fritz, Kir-
chengeschichte 1934, S. 61; Rippmann, Kirchenvisita-
tionen, S. 120-141; Endriss, Kirchenvisitationen,
S. 7-38.
20 Beinahe.
21 Zu Dr. Johannes Veesenbeck siehe oben, S. 281 Anm. 10.
22 Bibeltext.

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