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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0356
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Esslingen

thund euch hieneben auß Christenlicher liebe und
als ewer aller von Got geordente Obrigkait erinnern,
das es wol billich were, das die groß, unaussprechen-
liche liebe unnd vätterliche trewe Gottes, so er unns
armen in vil unnd mancherlay weg, Sonnderlichen
aber zu disen letzsten zeitten, In offenbarung des
gnadreichen Evangelions von seinem Sone, unnserm
herren Jesu Christo, bewisen hat, So vil bey unns
allen vermöchte, das wir dardurch hinwider zu ainer
solchen hertzlichen, thetigen gegenliebe zu ime ge-
raitzet unnd verursacht würden, die uns in all
frombkait unnd gotsäligkait füren und von allem
übel unnd ergerlichen lastern abziehen möchte.
Dyweil aber layder allweg der rauchen, unn-
glümpffigen1 mennschen ain grosser hauff gespürt
unnd nit von yederman, wie Paulus sagt, dem hay-
ligen Evangelio gehorsame bewysen unnd gelebt
würdt2, Besonder vil mit gwalt unnd forcht der
straff von dem bösen söllen unnd müssen abgehalten
werden, welche gwalt und straff zu üben Got, der
Obrist Herr, die weltlich Obrigkait eingesetzt unnd
ir das Schwerdt zu rach der bösen in die hendt ge-
geben hat.3 Derhalben haben wir auch als Ewer von
Got geordente Oberkait dise hienach begriffne Ord-
nung, ime zu lob, auch abschaffung des übels unnd
auffnemung gepürlicher zucht unnd Erberkait,
Christenlich gedacht, diser zeit fürzunemen unnd
unnsers besten vermügens handtzuhaben mit vor-
behaltung, so uns weitter auß anweisung Gottes
worts und der billicheit etwas, zu bemeltem unserm
Christenlichen vorhaben fürstendig sein, bekandt
würde, Das wir alßdann auch das selbig annemen
unnd euch als unsern unnderthonen zuhalten bevel-
hen wöllen, damit, wie das Reich Christi bey den

rechten wolgegründten, begriffnen unnd publicierten
ordnung getrewlich unnd gehorsam [ZuchtO 1602, 1615:
gehorsamblich] nachkommen unnd bestendig nachsetzen
sollen unnd wöllen, so lieb einem jeden sey Gottes huld
unnd gnad, auch deren bey jedem articul aufgesetzten
straffen vermeidung, darob wir auch (vermittelst gött-
licher gnaden) mit christlichem eyfer unnd ernst zuhal-
ten gentzlich entschlossen. Es möchte aber auch jemandt
in einem oder andern articul sich so beschwerlich ver-
greiffen, das wir durch solche gevarliche übertrettung
verursacht würden [ZuchtO 1615: werden], mit höherer

guthertzigen durch thäglich und mechtig anhalten
und vermanung Gottes worts säliglichen auffgeet
unnd von dem lebendigen glauben durch die brüder-
liche liebe unnd behar- | A2b | lich gedult in allem
irem frommen wandel herauß leucht, das hinwider
auch die ungeschlichten, hartneckigen, bey denen
das scharpff Schwerdt Gottes wort4 nit schneyden
noch sie zu warer bußwürckung treiben will, nichts
destweniger auß entsitzen nachgeender gewisser
straff, In deren wir mitt der strenng fürzufaren und
niemandts zuverschonen gedencken, von iren la-
stern abgewisen unnd allso der ergernüssen minder
werden, Damit dem theuren Evangelio, mit wel-
chem wir als hochlichen begabt seindt, nit ubel ge-
redt unnd der groß name Gottes von iretwegen ver-
lestert, Auch wir, die Obrikait, umb unsers farlessi-
gen zusehens willen von Got alß die selb thetter zu
seinem Zorn angesehen unnd gestrafft unnd iren al-
ler blut von unnsern henden erfordert werde.
Unnd damit aber niemandts die unnwissenhait
diser unnser zuchtordnung zu seiner entschuldigung
fürwenden möge, Haben wir die selbige, zu dem, das
sie alle Jar vier mal an der Cantzel verlesen soll wer-
den, Auch in den Truck fertigen unnd allso offent-
lichen wöllen außgeen lassen, Damit jeder Haußvat-
ter die bey handen haben, sich darinnen Täglichen
unnd fleissigklichen ersehen Unnd demnach sich
und die seinen vor schaden bewaren möge, Welches
zuthun wir euch hiemit, alle unnd jeden in sonder-
hait, auff das fleissigst unnd trewlichst wöllen ge-
petten unnd ersucht haben, unngezweifelter hoff-
nung, wo wir bey zeit von sünden absteen unnd
unns mit ernst unnd warhait bessern würden, die
erschrockenlichen Gottes Plagen, so dann umb der

straff gegen den mutwilligen verächtern unnd verbre-
chern diser christlichen ordnungen zuverfahren, welchs
wir unnß dan (wie auch fernere erklerung unnd verbes-
serung diser unnserer ordnung) in allweg hiemit vorbe-
halten haben wöllen.

1 Unziemliche, rücksichtslose, vgl. Grimm, DWb 24,
Sp.991.
2 Röm 10,16.
3 Vgl. Röm 13,1-5.
4 Vgl. Hebr 4,12.

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